Marktforschung in Österreich Alles online oder was? Wie ein kleines Land mit großen Herausforderungen kämpft …
Für marktforschung.de berichtet Sabine Beinschab
Auswirkungen der stagnierenden Internetpenetration auf Onlineumfragen
Diese mäßige Entwicklung bedeutet wohl, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis mittels Onlineumfragen die Gesamtbevölkerung abgedeckt werden kann. Derzeit zeigt sich folgende Lage: Unter den 14- bis 29-Jährigen erreicht man fast alle Österreicher über das Internet. Bei den 30- bis 49-Jährigen (93 Prozent) sinkt die Internetpenetration bereits. Kein Wunder, da in dieser Altersgruppe bereits der Übergang von Digital Natives zu Digital Immigrants stattfindet. Erstaunlich ist allerdings, dass es unter den 50- bis 59-Jährigen immer noch 85 Prozent Internetuser gibt. In der Zielgruppe 60- bis 69-Jährige sind es 72 Prozent und ab 70 Jahren nur noch 48 Prozent. Einen wesentlichen Anteil zur hohen Internetnutzung bei den über 60-Jährigen haben wohl Smartphones beigetragen. Durch Touchscreen und die Nutzung von Apps wurde die Bedienung des Internets um vieles vereinfacht, was vor allem Personen im fortgeschrittenen Alter zu Gute kommt. Bis jedoch alle über 50-Jährigen mittels Internet erreichbar sind, werden noch einige Jahre vergehen.
Die demographische Struktur der Internetuser hat selbstverständlich einen wesentlichen Einfluss auf die Durchführung von Onlinestudien. Ältere Personen sind also nur teilweise über Onlineumfragen erreichbar. Aber es gibt auch Probleme mit der Erreichbarkeit von jungen Probanden durch den veränderten Umgang mit Medien und dem Wertewandel. So berichtet Thomas Schwabl, Geschäftsführer des Instituts marketagent.com, dass Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren in Hinblick auf ihr Teilnahmeverhalten bei Umfragen erfahrungsgemäß „untreu“ sind. Sie interessieren sich nur kurze Zeit für Dinge, die tatsächlich ihre Aufmerksamkeit erregen und haben im Vergleich zu Älteren weniger Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein, nach der Registrierung regelmäßig an Onlineumfragen teilzunehmen. Ein Problem, das Klaus Oberecker, Geschäftsführer des talk Onlinepanels bestätigt und hinzufügt, dass dieses Phänomen aber auch in anderen Ländern Europas erkennbar ist.
Panelbetreiber sind also gefordert, die einzelnen Zielgruppen über verschiedene Taktiken so gut wie möglich zu motivieren, um sie langfristig zu binden. "In Österreich wird es immer schwieriger Panelteilnehmer nur über Incentivierung zu motivieren. Das geht in östlichen Ländern Europas noch besser. Bei uns muss man sich heute schon mehr einfallen lassen", so Klaus Oberecker, der Gamification-Ansätze als Beispiel dafür nennt.
Thomas Schabl, der bereits im Jahr 2000 mit Onlineumfragen in Österreich gestartet hat, stimmt dem zu und meint "die Rekrutierung von Panelisten war früher definitiv einfacher".
Repräsentative Umfragen in einzelnen Bundesländern als größte Herausforderung für die Panelbetreiber
Probleme haben fast alle Panelanbieter in Österreich, wenn es um repräsentative Studien in bevölkerungsmäßig kleinen Bundesländern geht. So sind diese in Tirol (Anteil der Bevölkerung an Gesamtösterreich: 8,5 Prozent), Vorarlberg (4,4 Prozent) oder dem Burgenland (3,4 Prozent) unter Einbezug mehrerer repräsentativer Merkmale, wie etwa Geschlecht, Alter und Bildung kaum durchführbar. Die Gründe dafür sind neben dem geringen Bevölkerungsanteil, vor allem in westlichen Bundesländern schlechtere Internetverbindungen in höher gelegenen Gebieten, aber auch eine etwas größere Skepsis gegenüber der Marktforschung. Das stellt vor allem für Wahlprognosen bei Landtagswahlen ein Problem dar.
Panelanbieter müssen sich daher in Zukunft überlegen, wie man diesem Phänomen entgegenwirkt. Denn Onlineumfragen gelten als Methode der Zukunft: Laut einer Studie des VMÖs im Jahr 2014 unter österreichischen Unternehmen werden am häufigsten Onlineumfragen (67 Prozent), gefolgt von Face-to-Face-Befragungen (66 Prozent) und Telefonbefragungen (51 Prozent) in Auftrag gegeben. 53 Prozent der Befragten gaben zudem an, in Zukunft noch häufiger Onlinebefragungen einsetzen zu wollen.
Der Pool in Österreich ist also noch nicht ausgeschöpft und bietet neben zahlreichen Herausforderungen in Hinblick auf die Erreichbarkeit der Teilnehmer, aber auch viele Chancen.
Quellenangabe:
www.internetworldstats.com/stats9.htm
www.integral.co.at/downloads/Internet/2016/05/AIM-C_-_Q1_2016.pdf
wko.at/statistik/jahrbuch/2015_k3.pdf
www.vmoe.at/media/files/VMOE_Befragung2014.pdf
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