Akquise für Forschung und Beratung

Von Dierk Rommel
Warum Akquise?
Lange Zeit hat sich Marktforschung über Methoden definiert und Akquise galt in manchen Häusern als unseriös. Viele Institute kommunizieren über Bücher, Veröffentlichungen und Vorträge, aber Akquise findet selbst bei Bestandskunden nicht statt. Die Frage sei erlaubt: Was wäre, wenn? Zumal Marktforschung sich immer weniger über Methoden definiert.
Wenn Akquise zu einem gewissen Grad permanent erfolgt, können wegfallende Kunden kompensiert oder schlechte Monate verhindert werden. Wer erst in einer schwierigen Lage anfängt zu akquirieren, akquiriert zu spät. Denn Akquise braucht Zeit. Und Akquise beschränkt sich nicht nur auf die Ansprache von Neukunden. Am leichtesten und potentialreichsten ist die Platzierung weiterer Themen bei Bestandskunden.
Neben optionalen, flankierenden Maßnahmen wie Werbung und Messeauftritten kostet Akquise kaum externes Budget, sondern lediglich einen kleinen Teil der Arbeitszeit. Zur Unternehmenssicherung sollte Akquise als permanente Maßnahme etabliert sein. Dazu gehören die laufende Pflege von Bestandskunden sowie die gezielte Ansprache möglicher Neukunden.
Wer akquiriert?
Im Gegensatz zu Werbe- und Mediaagenturen muss die Gewinnung von Kunden für Forschungs- und Beratungsleistungen nicht Chef-Sache sein. Da Marktforschung bei Kunden hierarchisch eher niedrig angesiedelt ist, können auch (Senior-) Projektleiter Kunden akquirieren. Zudem: Ein Junior Consultant ist so viel wert, wie er Methoden beherrscht, ein Senior Consultant ist so viel wert wie seine tragfähigen Beziehungen zu Kunden, also Mut, ab Senior Consultant aufwärts Kundenansprache als Aufgabe zu verankern.
Viele Forscher und empfinden aufgrund ihrer häufig intrinsischen Motivation die Ansprache von Kunden als aufdringlich und erstellen lieber Analysen und Berichte. Statt sich mit dem Kunden zum Lunch zu treffen, sich für sein Geschäft zu interessieren und den nächsten Auftrag einzufädeln.
Dabei ist gerade Forschung und Beratung ein People2People-Business, in dem Geschäfte zwischen Menschen auf Vertrauensbasis getätigt werden. Beispiel: Tritt ein Instituts-Geschäftsführer mit seinem Projektleiter bei Kunden auf, liegt das Augenmerk des Kunden im Projektleiter – mit dem man im Tagesgeschäft am häufigsten zusammenarbeitet. Deshalb sollten sich Projektleiter möglichst frühzeitig in den Kundenkontakt einbringen. Eine eventuelle Kontaktübergabe von Führungskraft bzw. Vertriebler an Projektleiter sollte spätestens im Briefing erfolgen. Je nach Institutsgröße bietet sich eine one-Face-to-the-Customer-Lösung im Sinne von Client Service, unterstützt von einem Back Office an. Reine Vertriebler, die ohne fachliche Kompetenz „Termine machen“, werden von Kunden als „Hard-Selling“ und damit als unseriös empfunden.
Wie akquirieren?
Viele Akquisiteure geben nach ein bis zwei Kontakten auf mit der Erkenntnis: Das ist im Sande verlaufen. Dabei ist es unrealistisch, in ein bis zwei Kontakten einen Auftrag zu erwarten oder einen Termin zu vereinbaren. Akquise für Forschung und Beratung bedeutet, in Erfahrung zu bringen, für welche Themen sich der Kunde interessiert und welche Herausforderungen er dabei sieht. Es kann mehrere Kontakte über bis zu zwei oder drei Jahren dauern, sich diese Informationsvorsprünge zu erarbeiten, um damit zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Es gilt, sich im Relevant Set von Kunden zu einem First-Call zu bestimmten Themen zu entwickeln.
Leider stellen sich manche Institute in Akquise-Präsentationen vor, ohne in Erfahrung gebracht zu haben, wo der Kunde seine Herausforderungen zu einem bestimmten Thema sieht. Bei einer Themen- statt Termin-fokussierten Akquise findet der Termin möglicherweise später statt, aber dann idealerweise gleich als Briefing. Bei dem der Entscheider anwesend ist und er sich weniger durch Assistenten und Praktikanten vertreten lässt wie in manchen reinen Akquise-Präsentationen.
Bittet der Kunde ohne Briefing um ein Angebot, hat die Akquise ihr Ziel fast erreicht. Aber setzen Sie sich nicht zeitlich unter Druck, sondern nehmen Sie sich Zeit für ein Briefing – mindestens telefonisch, bei komplexen Aufgaben persönlich. Greifen Sie im Angebot die Situation und die Bedürfnisse des Kunden ausführlich auf. Und verknüpfen Sie die Bedürfnisse mit einer Nutzenbeschreibung ihrer knappen Methodenvorstellung.
Und nach dem Angebot? Leider werden von vielen Häusern Angebote nicht nachgefasst. Dabei gilt: Wenn der Kunde mit der Anfrage Interesse an ihnen gezeigt hat, sind Sie berechtig zu fragen, ob es noch so ist – oder warum nicht. Und zwar innerhalb von acht Tagen und bevor der Auftrag vergeben ist.
Somit ist Akquise lernbar – und zum Einstieg genügt ein Bewusstseinswandel.
Zur Person:
Dierk Rommel verfügt über langjährige Erfahrung in der Marktforschung und trainiert als ausgebildeter Trainer Forschungs- und Beratungshäuser in Kundenorientierung, Führung und Zusammenarbeit. www.dierk-rommel.de
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