Orkan Dolay, respondi AI, AGI, Metaverse, „AirBnB meets Tinder“ – Ein Bericht vom Web Summit

Das Web Summit ist die größte Tech-Konferenz in Europa und findet jährlich im November in Lissabon statt. Nachdem das Event 2020 wegen der Pandemie nur digital stattfand, vereinte es letzte Woche wieder 43.000 Besucher*innen in der Altice Arena. Neben einigen CEOs, CTOs und CMOs befanden sich unter den Speaker ebenfalls einige Prominente und ESOMAR.

Präsentation "Using Tech to create magic" von Kate Swanborg (Dreamworks, u.a. Executive Producer von Shrek)

von Orkan Dolay, respondi

Das Konzept:

3 Tage - 4 große Pavillons mit jeder Menge Ausstellern, Bühnen und Speakern. In jedem Pavillon befand sich außerdem eine Pitch Stage, auf der Start-Ups ihre Ideen vorstellten. 43.000 Besucher*innen waren vor Ort.

Wer dort war

Speaker:

  1. Das who ist who der Tech Branche: CPO von Meta, President von Microsoft usw.
  2. Andere Business-Entscheider*innen: CMOs, CEOs, CTOs, Founder
  3. Politics, NGOs, Entertainment & Sports: Portugals Premierminister, Ayo Tometi (Black Lives Matter), Thierry Henry, Dr Wladimir Klitschko, …

Aussteller:

  1. Start-Ups
  2. Große Tech-Anbieter (… und H&M)
  3. Investoren – die quasi einen eigenen Pavillon hatten

Interessante Apps

Für ziemlich alle Bereiche wird eine App/Software entwickelt. Ich traf auf eine App mit dem Pitch «AirBnb meets Tinder». Dank der App können Familien mit Kindern andere Familien mit Kindern kennenlernen und zusammen Urlaub machen. Naja, ob der Pitch wirklich so passt?

Viele Gründer*innen haben den ausdrücklichen Wunsch, die Welt zu verbessern. Totalctrl rechnet vor, dass die Menschheit pro Jahr 1,2 Billionen $ an Nahrungsmittel wegwerfen würde - mit ihrer Software könnten wir das um 30 Prozent reduzieren.

Trending Topics

  1. Ethik (inklusive Facebook-Skandal)
  2. AI
  3. Virtual Reality (teilweise schon mit Bezug auf das Metaverse)

Und die Marktforschung?

ESOMAR war vor zwei Jahren mit einem eigenen Stand vor Ort. Dieses Jahr gab es zwar keinen Stand, aber dafür umso mehr Vorträge - sechs von oder mit ESOMAR. So haben unter anderem Urpi Torrado (Datum International), Jon Puleston (Kantar), und Kristin Luck (ESOMAR President) mit "Keep on Polling in the real world" über Meinungsforschung aufgeklärt.

Auch Ipsos war mit vier Auftritten sehr aktiv. Ich habe Kristin Luck und Finn Raben (ESOMAR Geschäftsführer) gefragt, wieso ESOMAR hier so stark präsent ist.

Kristin Luck:

"Die Technologien, die wir in der Markforschung einsetzen, werden zuerst aus dem Marketing entwickelt und schwappen danach zu uns. Wir sind zum einen hier, um zu lernen, um zu schauen, was kommt. Aber wir möchten auch aufklären. Einfluss auf die Entwicklungen haben, hinsichtlich Datenschutz und Ethik in der Entwicklung und Nutzung dieser Technologien."

Finn Raben fügte hinzu, dass ESOMAR demnächst ein Whitepaper zur Ethik in der KI veröffentlichen wird.

Henri Wallard (Deputy CEO Ipsos Group) meinte:

"Dies ist die größte Tech-Konferenz. Und Tech ist sehr wichtig für unser Metier. Das Web produziert eine Vielfalt an Daten: Zahlen, Texte, Bilder, Videos. Und wir werden immer mehr KI nutzen, um diese große Vielfalt und die Unmengen an Daten zu nutzen. Datenverknüpfung und -verarbeitung, diese Daten zu validieren und nutzbar zu machen, ist unser Tagesgeschäft. Zudem sind viele der großen Player unsere Kunden. Wir sind natürlich auch hier, um sie zu treffen. "

Hier finden Sie einige der Vorträge von ESOMAR.

Bei "AI Ethics in marketing & research" von ESOMAR und Ipsos ging es genau um dieses Thema. Henri Wallard hob die drei Grundsätze "Wahrheit, Schönheit und Gerechtigkeit des Algorithmus" hervor und warnte vor den Gefahren von No-Code oder Low-Code AI, welche die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der KI begrenzt, und somit die Unvoreingenommenheit der KI nicht zu kontrollieren ist. Bemerkenswert: An den Ständen stellten auffällig viele neue Anbieter genau solche No-code bzw Low-code AI-Lösungen vor, die es ihren Kunden ermöglichen, auf diesen Plattformen ohne jegliche IT- oder Data-Science-Kenntnisse ihre eigene AI zu entwickeln. Die Entwicklung der AI zu einem Massenprodukt schreitet voran.

In einer Experten-Diskussion wurde gefragt, wann denn AGI (Artificial General Intelligence) komme. Also KI, die nicht nur einen Task beherrschen, sondern wie in Filmen eine Allgemeine Intelligenz aufweisen: Die Meinungen der Expert*innen schwanken zwischen "keine Ahnung" und "dauert noch mindestens 50 Jahre". Eine solche AGI benötigt sowohl die Interoperabilität verschiedener KIs und setzt zudem voraus, dass diese nicht nur plump korrelationsbasiert, sondern kausal "denken" können. Frage des Moderators: Ethisch gesehen - Sollten wir das anstreben? Antwort: Wir werden es schaffen. Also werden wir es machen. So sind wir Menschen. Aber wir brauchen Richtlinien und Grenzen. 70 Prozent der KI-Ressourcen sind in den USA und China, die einen ganz anderen Zugang zu Daten haben und keine Regulierung.

In einem anderen Panel mit Sir Martin Sorrell ergänzte dieser "Aber wenn China eine AI für Krebsdiagnose entwickelt, werden die Europäer sie nutzen." Naja, TikTok nutzen wir auch schon, ohne dass es Leben rettet (wobei…siehe den Fall in Kentucky vor einigen Tagen).

Das Metaverse

Ich gehörte zu den Personen, die von Facebooks Metaverse enttäuscht waren ("second life gab es doch schon?"). Die beste Werbung für das Metaverse kam von Sensorium Galaxy zusammen mit dem Musiker Jean-Michel Jarre:

"Jeder Benutzer wird eine einzigartige Erfahrung machen. Die Interaktion zwischen Künstlern und Fans werden sich verändern. Es wird KI-gesteuerte Versionen von Künstlern geben."

"VR wird ein neues Medium, ein neues Ökosystem, mit neuen Akteuren."

"VR ist gerechter als die reale Welt. Wir bekommen mehr mit weniger."

"VR ist ein Gleichmacher (equalizer). Die reale Welt hat viele Barrieren. VR ist zugänglich - sozial, geografisch, physisch."

"Dank VR werden wir unsere reale Persönlichkeit nicht verstecken, sondern diese befreien und ausleben. Wir werden die Person sein können, die wir immer schon sein wollten."

"VR ist das Tor zum Metaverse. Soziale Medien werden obsolet. Menschen sind dort nur das Produkt oder Beobachter. Menschen wollen aber Akteure ihrer eigenen Narrative sein."

Wenn ich mir in unseren Verhaltensdaten anschaue, welchen Anteil des Internet-Traffics die Kategorien Entertainment, Streaming, Social Media und Gaming zusammen ausmachen und mir vorstelle wie viel Zeit diese Kategorien in unseren Offline-Leben repräsentieren… 

Zum Autor:

Orkan Dolay, respondi AG
Orkan Dolay verantwortet als Chief Operating Officer das gesamte operative Geschäft bei respondi. Der an der Universität Lumière Lyon 2 diplomierte Volkswirt ist seit 2007 in unterschiedlichen Rollen bei respondi tätig.

 

 

Bilder vom Web Summit:

 

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