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UX Research Days

Tauchen Sie ein in eine Welt voller Erkenntnisse, Best Practices und fesselnder Diskussionen, die das Nutzererlebnis in den Mittelpunkt stellen. Unser Ziel ist es, Ihnen eine reichhaltige Quelle an Informationen zu bieten, um das Verständnis und die Anwendung der UX-Prinzipien zu vertiefen. Seien Sie gespannt auf tiefe Einblicke und praxisnahe Einblicke von führenden Köpfen auf diesem Gebiet. Willkommen bei einer inspirierenden Reise in die Welt der User Experience!
Editorial
UX-Research – Damals, heute und dazwischen
Editorial von Holger Geißler, marktforschung.de
"Dimensionen der Wirkung von Websites - oder warum Usability allein zu kurz greift" – das ist der früheste Suchtreffer bei Google, wenn ich meinen Namen und das Suchwort Usability eingebe. Ein Vortrag auf der GOR 2001 in Göttingen. Zu der Zeit war ich gerade mal drei Jahre im Beruf, hatte als junger Marktforscher kurz zuvor die Verantwortung für den Aufbau der Online-Marktforschung bei psychonomics übernommen, ein Institut, das 2007 an YouGov verkauft wurde.
37 Prozent der Deutschen nutzten zu der Zeit das Internet. Guru und Papst zugleich im Bereich Usability war damals Jakob Nielsen, sein Buch „Designing Web Usability: The Practice of Simplicity“ war 1999 erschienen. Das Vorgehen bei Usability-Tests war stark geprägt von den Methoden der qualitativen Marktforschung. Lediglich die „Methode des lauten Denkens“ war ein neues Element und anfangs nicht nur für Versuchspersonen, sondern auch für Interviewende ungewohnt. Wir adaptierten Methoden wie die Heidelberger Strukturlegetechnik und machten daraus Card-Sorting, um Hinweise darüber zu bekommen, wo Menüpunkte idealerweise in der Navigation auftauchen sollten.
Professionalisierung von UX in Deutschland
Es gab zum damaligen Zeitpunkt keine expliziten UX-Studiengänge in Deutschland, keine Zusatzausbildungen wie „Certified Professional for Usability and User Experience“. Der Begriff UX, sprich User Experience, steckte hierzulande in den Kinderschuhen. Wenn, dann sprach man von Usability. Der Fokus lag in den ersten Jahren vor allem auf dem Testing dessen, was sich Werbeagenturen mit Programmierkenntnissen ausgedacht hatten.
Im Mai 2006 gab es erstmals weltweit mehr Google-Suchanfragen nach UX (Beliebtheit 29) als nach Usability (24). In der Popularität der Begriffe ist das Ranking seitdem unverändert. Im Juni 2023 hat UX eine Beliebtheit von 92, Usability liegt nur noch bei 5.
Der Bereich UX hat sich seitdem professionalisiert. Es gibt mittlerweile 31 Studiengänge in Deutschland, die UX im Namen tragen. Der deutsche Branchenverband der UX-Professionals, der German UPA, wurde 2002 in Stuttgart als German Chapter of the Usability Professionals Association (nationale Vertretung der internationalen UPA, heute UXPA) gegründet. Heute weist der Verband auf seiner Website fast 1.000 UX-Experten aus.
Seit 2003 gibt es den jährlichen Branchenreport der German UPA, der anfangs noch „Usability Reports Deutschland“ hieß. An der ersten Erhebungswelle nahmen 115 Personen teil, davon 93 Prozent Männer. In der letzten Welle 2022 findet sich UX im Titel, es haben 414 Professionals teilgenommen und es gibt mittlerweile etwas mehr Frauen (51 Prozent) als Männer unter den UX-Experten.
Immerhin 52 Prozent der Befragten haben eine UX/Usability-spezifische Zusatzausbildung absolviert. Zusatzausbildungen, die es in dieser Form 2003 noch gar nicht gab. Selbststudium und „learning by doing“ waren damals angesagt. Es geht lange schon nicht mehr nur um das Testing, sondern viel öfters um Design und Architektur von UX.
Die bekanntesten deutschen UX Unternehmen damals und heute
2008 wurde im Rahmen des Branchenreports erstmals nach den bekanntesten Usability-Instituten in Deutschland gefragt. Viele Anbieter aus dem Jahr 2008 sind mittlerweile Geschichte, neue Player sind dazugekommen. Nehmen wir als Beispiel SirValUse: Platz 2 in 2008, wurde 2011 zwischenzeitlich von der GfK übernommen. Seit 2018 fungiert das Unternehmen wieder selbständig in Hamburg als UIntent GmbH.
Rang | 2008 | 2022 |
1 | UI Design | eresult |
2 | SirValUse | UID (UI Design) |
3 | SAP | UX&I |
4 | eresult | Datev |
5 | Siemens | artop |
6 | Ergosign | Centigrade |
7 | Microsoft | Ergosign |
8 | Sapient | Usability.de |
9 | Eye Square | Bosch |
10 | Phaydon | Userlutions |
Quelle: Branchenreports der German UPA 2008 und 2022.
Einbindung von UX ins Unternehmen und die leidige Frage nach dem ROI
Die strategischen Themen, welche die UX-Branche heute beschäftigen, weisen erstaunlich viele Gemeinsamkeiten mit den verwandten Branchen CX und Marktforschung auf. Wie bei Marktforschung und CX stellt sich aktuell auch bei UX die Frage nach dem Return on Investment. Zahlt sich das Investment in Benutzerfreundlichkeit aus? Schafft man eigene Ressourcen im Unternehmen oder kauft man diese bei spezialisierten Anbietern zu?
Als weitere Gemeinsamkeit zeigt sich die Frage nach der organisatorischen Einbindung von UX im Unternehmen. Kämpft die vergleichsweise etablierte betriebliche Marktforschung schon vielerorts um das Standing im Unternehmen, so stellt sich die Frage nach der Einordnung und dem Stellenwert bei UX in gleichem Maße.
„Das kann doch nicht so schwer sein“.
Auch mit der Demokratisierung der Forschung hat UX-Research zu kämpfen. So führen längst nicht nur ausgebildete UX-Researcher Usability-Interviews durch, sondern in vielen Unternehmen werden Tests von den beteiligten Abteilungen direkt durchgeführt. Es finden sich zahlreiche Anleitungen im Netz, auf was man bei Usability-Interviews achten muss. UX-Professionals in Unternehmen verbringen nicht selten einen großen Anteil ihrer Arbeitszeit damit, andere Abteilungen in UX Research Prinzipien zu coachen.
Bad Reputation – auch UX ist davon betroffen
Auch die Reputation von UX hat ähnlich der Marktforschung in den letzten Jahren gelitten.
titelt Melody Koh in ihrem Blogbeitrag. Warum? Weil UX nur eine billige Version von Design Innovation ist, so Koh weiter. Der Fokus von UX sei zu eng und zu kurz gesprungen.
Es gibt aber auch Konzepte wie „Digital Wellbeing“, die den Bogen deutlich über die Usability hinaus spannen. Die Frage nach den mittel- und langfristigen Auswirkungen digitaler Anwendungen auf das Wohlbefinden ihrer Nutzenden reduziert die Benutzerfreundlichkeit zum Hygienefaktor.
Virtuelle Usability Tests
Und auch die Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz werden den UX-Bereich nicht verschonen. So gibt es, ähnlich wie in der Marktforschung, erste Ansätze, Interviews direkt mittels KI analysieren und verdichten zu lassen.
Wenn eine KI den Code einer ganzen Website scripten kann, so können auch Benutzeroberflächen mittels KI entworfen und designt werden.
Und warum sollten virtuelle Versuchspersonen, basierend auf einer speziell trainierten KI, nicht auch gleich ganze Websites und Apps auf ihre Benutzerfreundlichkeit hin überprüfen können?
Ausblick auf die nächsten Wochen
In den kommenden acht Wochen werden wir in unserem Dossier UX-Research all diese Fragen und Themen diskutieren und analysieren. Das Highlight wartet dann am Ende: die UX research days vom 22.-23. August mit zwei Tagen Webinaren und Podiumsdiskussionen rund um UX und Usability.
Lassen Sie sich inspirieren und auf den neuesten Stand bringen!
Über Holger Geißler

Holger Geißler ist Geschäftsführer und Mitgründer des Smart News Fachverlag, der die beiden Branchenportal marktforschung.de und CONSULTING.de betreibt. Er ist außerdem Mitglied in der Geschäftsführung der succeet GmbH, Veranstalter der Leitmesse der Insight Industry. Von 1997 bis Mitte 2019 hat er selbst als Marktforscher und Führungskraft für die Unternehmen psychonomics, YouGov und Dcore gearbeitet.