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- Dossier: Trendsetter USA
von Dr. Niels Neudecker und Dirk Steffen
In dem Maße, in dem Marktforschung stärker von digitaler Technik getrieben und definiert wird, schwenkt der Blick gerne über den Atlantik. Hier sitzen die Internetgiganten, hier sind alle Daten verfügbar und hier wird mit viel Geld an Machine Learning und Artificial Intelligence geforscht. Die unterschiedliche Kommunikationskultur zwischen Angelsachsen und Deutschen trägt ihren Teil dazu bei, dass das Gras auf der anderen Seite des Atlantiks doch erheblich grüner zu sein scheint, zumindest wenn man in die großen Augen der vielen Besuchergruppen im Silicon Valley blickt. Aus der Perspektive zweier Kollegen, die den Sprung von Deutschland in die USA gemacht haben, stellen wir zehn Bereiche vor, in denen wir die größten Unterschiede wahrnehmen.
1. Marktgröße mit mehr Skalierbarkeit und Spezialisierung: Die USA sind der größte Markt der Welt. Werbeausgaben und Forschungsbudgets sind in vielen Bereichen erheblich höher. Ansätze müssen daher skalierbar sein, erlauben aber auch eine höhere Spezialisierung bei einer immer noch lukrativen Zielgruppengröße. Allerdings will der große Markt auch erst einmal bedient werden, ein Flug von London nach New York ist nur unwesentlich länger als der Flug von New York nach San Francisco.
2. USA sind vielfältiger und diverser: Ob es nun West- vs. Ostküste, Küsten vs. Inland, Reich vs. Arm, Mega-Cities vs. ländliche Regionen, Hispanics vs. African Americans vs. Caucasians, Demokraten vs. Republikaner, Pro-Life vs. Pro-Choice sind, der amerikanische Markt ist erheblich vielfältiger als der deutsche. Die Unterschiede zwischen den Gruppen sind dabei stärker ausgeprägt und werden stärker ausgelebt. Dies hat Auswirkungen auf Research-Inhalte (beispielsweise ethnienspezifische Forschung) wie auch das Marktforschungsgeschäft selber.
3. Daten im Überfluss: Das Wissen über und Interesse am Datenschutz ist in den USA geringer als in Deutschland, Regelungen zum Datenschutz sind offener (zumindest bis der neue California Consumer Privacy Act 2020 in Kraft tritt), Daten werden seit jeher gesammelt und viele Informationen sind per Gesetz her öffentlich. Dies führt zu Daten im Überfluss, sei es 1st Party (eigene), 2nd Party (eigene Daten der Partner) oder 3rd Party (eingekaufte Daten). Datenmissbrauch, Identity Theft, sowie Servicedienstleister, die davor schützen, sind Teil des Tagesgeschäfts.
4. Programmatic und AdTech sind ‘alter Hut’: Die verfügbaren Daten wollen auch skalierbar verarbeitet werden. AdTech (Advertising Technology Stacks) mit DMPs, AdExchanges, DSPs, SSPs und Header Bidding sind seit vielen Jahren Standard und werden heute durch Customer Data Platforms (CDPs) und neue Lösungen, die Systemgrenzen überwinden sollen, ergänzt und abgelöst. Publisher, Marketer und Technologieanbieter kämpfen um Talente, einen Kampf, den häufig entweder die Platzhirsche Google und Facebook oder eben coole Startups gewinnen. Die Rolle der Marktforschung in dieser neuen Welt ist auch in den USA noch nicht abschließend gefunden, aber die Herausforderung ist erheblich transparenter.
5. Optimistischer und technologieoffener Mindset: Die Mentalität in den USA ist traditionell optimistisch, das System ist darauf aufgebaut, dass sich jeder vom Tellerwäscher zum Millionär hocharbeiten kann - wenn er sich nur ordentlich reinhängt (was natürlich nicht stimmt). Man orientiert sich an dem, was sein könnte und nicht so sehr, welche Probleme alle auftreten könnten. Dies übersetzt sich auch in eine höhere Offenheit gegenüber Technologie. Allerdings fühlen sich auch große konservative Gruppen von Digitalisierung, Globalisierung und Diversity zunehmend bedroht, was zu viel Frust in der Gesellschaft führt.
6. Unterschiedliche Medienlandschaft: TV in den USA funktioniert völlig anders, mehr als 42 Prozent der Haushalte sind bereits technisch addressable, können also Werbung individuell erhalten. Internetfernsehen ist erheblich stärker verbreitet. Pro Stunde Kabelfernsehen laufen im Schnitt 16 Minuten Werbung bei erheblich höheren Kosten des Kabelfernsehens im Vergleich zu Deutschland. Werbung im Allgemeinen ist weniger als solche gekennzeichnet und stärker ‘native’. Auf dem Smartphone wird ‘getextet’ (SMS) und nur selten ge-whatsappt, man nutzt (viel) mehr Twitter und Instagram, dafür weniger Facebook.
7. Business impact: Auch die Forschung muss sich den kürzeren Planungszyklen und der Quartalslogik beugen. Forschung muss stärker Impact bringen und darf dabei weniger auf Grundlagen achtgeben. Die sogenannte Actionability und direkte Umsetzbarkeit der Forschungsergebnisse stehen häufig im Vordergrund und selbst Mega-Konzerne wollen sich wie agile Startups verhalten können. Mantras wie „Done is better than perfection“ und „Move fast and break things“ bestimmen das Bild.
8. Amerikaner arbeiten lange und viel: Wer Karriere machen will, schaltet den Rechner nach dem Abendessen noch mal ein und macht eine weitere Schicht. Von Unternehmen zugestandene Krankheitstage gibt es deutlich weniger als in Deutschland und selbst wenn man das Bett hüten muss, macht man dies mit Laptop und Smartphone. Dazu brauchen Marktforscher wie Kunden agile Systeme, Datenzugriff von überall und jederzeit.
9. Populärer Wissenschaft wird Bedeutung geschenkt: Vielleicht weil selber weniger in Grundlagenforschung investiert wird oder auch weil die Bedeutung der Top Unis wie Stanford und Harvard sehr hoch ist, haben etablierte Wirtschafts- und Marketingtheorien viel Gewicht. Byron Sharps “How Brands Grow” und Daniel Kahnemans “Thinking, Fast and Slow” gehören zur Standardliteratur und “System 1”, Behavioral Economics” und “Heuristiken” sind keine Fremdworte im Marketing.
10. Hire and Fire: Insbesondere an den Küsten gibt es viel Fluktuation. Agilität und Weiterkommen gehört zum amerikanischen Traum, Ansprechpartner bei Kunden und in Forschungsunternehmen ändern sich häufiger als in Deutschland mit allen positiven und negativen Konsequenzen, die dies mit sich bringt. Die Bereitschaft zum stetigen Wandel und zur kontinuierlichen Veränderung gehören zur Grundvoraussetzung für den Erfolg in den USA.
Die USA sind mit Sicherheit anders und in vielen Bereichen weiter als Deutschland. Wenn wir es gut anstellen, können wir von dort lernen und aufholen, wo es sinnvoll ist. Dabei aber auch von Fehlern und Falschentwicklungen lernen ohne diese selbst zu wiederholen. Und wir dürfen uns durchaus auch der Stärken, die wir haben, bewusst sein.
Dirk Steffen ist bei Kantar als Global Client Leader für Google tätig, dies seit Anfang 2017 mit Hauptsitz in San Francisco. Zuvor war er Chief Digital Officer und Managing Director Media Research bei Kantar TNS in München. Dr. Niels Neudecker ist seit Frühjahr 2018 in New York und leitet von dort das globale Kompetenzzentrum für Touchpoint Management. Auch er war zuvor in München in vergleichbarer Funktion tätig.
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