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Anonymität: Heiliger Gral oder goldenes Kalb

Von Horst Müller-Peters
Big Data ist in unserem Alltag angekommen. Mein LG-Fernseher erfasst meine Mediennutzung. Mein Auto misst mein Fahrverhalten. Vodafone weiß, wo ich bin und mit wem ich rede. Apple kennt mich wahrscheinlich besser als meine eigene Frau, und Google erst recht. Sie alle helfen mir so, mein Leben einfacher zu machen. (Außer vielleicht manchmal meine Frau.)
Aber wir sind erst am Anfang. Denn mein Kühlschrank, mein Rasenmäher, mein Rauchmelder und auch meine Waage sind noch ziemlich dumm. Gestern habe ich sogar noch eine Papierzeitung gelesen und meine Tankrechnung in bar bezahlt. Das wird aber nicht mehr lange so bleiben. Denn das Internet der Dinge wird mein Leben noch viel einfacher, komfortabler und sicherer machen. Und mich noch deutlich mehr vermessen.
Das Dumme ist nur: Meine kleinen Helfer werden immer geschwätziger. Sie behalten ihr Wissen nicht für sich, sondern erzählen es sich gegenseitig und interessierten Dritten weiter. (Keine Angst, kein Vergleich mit meiner Frau mehr.) Und falls sie doch etwas übersehen, habe ich es vielleicht schon selbst (mit-)geteilt: Meine Urlaubsaktivitäten, meine Kontakte, mein Tagesablauf. Über Twitter, Facebook, YouTube oder WhatsApp. (Oder ist das mittlerweile alles schon eins?). Ich bin im Netz – im doppelten Sinne!
Big Data ist nun – mit Verspätung - auch in unseren Köpfen angekommen. Spätestens die Snowden-Enthüllungen haben uns allen bewusst gemacht, was sich damit alles anstellen lässt. Wie reagiert die Bevölkerung? Umfragen zeigen ein wachsendes Bewusstsein, aber auch Anzeichen von Abstumpfung, im Sinne von „Ich habe nichts zu verbergen“ oder „Es ist doch sowieso alles zugreifbar“? Kommt die Zeit der Post-Privacy, wie der Blogger und Buchautor Christian Heller propagiert: „Prima leben ohne Privatsphäre“?
Big Data ist schließlich auch im Big Business angekommen. Wissen ist Macht, Macht ist Geld. Daten sind das Gold des digitalen Zeitalters (vgl. marktforschung.dossier "Web-Analyse - Big Data = Big Success?"). Entsprechend bemühen sich inzwischen fast alle Datensammler, diesen Schatz zu heben. Egal, was der eigentliche Geschäftszweck war: Suchmaschinen berechnen Versicherungstarife, Telefonkonzerne verkaufen Bewegungsdaten, und so weiter. Genauso erfolgreich ist es, die „Schaufeln und Hacken“ für diese Art der Goldsuche bereitzustellen. So haben sich zahlreiche Unternehmensberater, IT-Hersteller und Statistikanbieter im Kern längst zu Big-Data-Consultants entwickelt. Und neue Anbieter und Produkte schießen in beiden Feldern – Datengewinnung und Datenverarbeitung – wie Pilze aus dem Boden.
Ein zentrales Anwendungsfeld von Big Data ist die Analyse des Kundenverhaltens und die Optimierung der Marktbearbeitung. Das klassische Feld der Marktforschung. Doch die Branche – lange Jahre von stetem Wachstum verwöhnt – hat anscheinend nur eine Zaunposition inne. Sie verfügt zwar über die passenden Schaufeln und Hacken. Aber sie hat sich explizit der Anonymität verpflichtet. Und trennt streng zwischen Marktanalyse und jeglicher Form der Marktbearbeitung. Das ist wohlgemeint, scheint aber in Big Data oft nur zu stören.
Zahlreiche große und kleine Player der Branche haben bereits reagiert. Sie arbeiten intensiv im Bereich von nicht-anonymer Analyse, CRM oder Direktmarketing. Allerdings getrennt, in eigenen Geschäftseinheiten und losgelöst vom Begriff der Marktforschung.
Dabei ist Marktforschung keinesfalls per se anonym. In den Definitionen der Fachliteratur findet sich kaum ein entsprechender Hinweis*. Dort geht es lediglich um die systematische Sammlung, Verarbeitung und Analyse von marktrelevanten Daten. Auf dieser Basis gilt: Big Data ist in großen Teilen Marktforschung. Und vice versa.
Die Selbstbeschränkung der Anonymität, die sich die Branche in bester Absicht auferlegt hat und mit der sie wichtige politische Erfolge wie die Erlaubnis des unaufgeforderten Telefonkontaktes durchsetzen konnte, steht vor dem oben genannten Hintergrund mehr in der Diskussion denn je. Bleibt sie ein Fundament seriöser, valider Forschung? Oder wird sie zum Bremsklotz – wenn nicht gar langfristig zum Grabstein – einer einst blühenden Profession?
Die Fragestellung berührt verschiedenste Facetten:
Zu diesen und weiteren Fragen lassen wir in unserem Dossier Insider und Outsider der Branche zu Wort kommen: Unternehmer, Manager, Verbandsvertreter, Juristen und Forscher. Die Beiträge werden über den Monat hinweg sukzessive veröffentlicht, um so eine aktive Diskussion zu initiieren. Ausgangspunkt ist die aktuelle GOR 2014, deren Paneldiskussion sich dem gleichen Thema widmet.
Unsere Hoffnung: Lassen Sie sich informieren und inspirieren. Bilden Sie sich eine eigene Meinung. Und teilen Sie diese mit den anderen Lesern. Am besten über unsere Kommentarfunktion. (Zumindest solange, bis wir Ihre Ansichten automatisch aus Ihrem Nutzungsverhalten herleiten können.)
Links zum Thema:
* Vgl. für einen Überblick über Definitionen z.B. Kamenz, U. 2001, Marktforschung
Nachtrag: Post-Privacy-Autor Christian Heller alias Plomlompom sitzt nun schon seit 36 Stunden ohne Schlaf im Flugzeug, aber schafft es weiterhin, uns per Twitter über seinen Tagesverlauf zu informieren. Alle Achtung! Dafür späht mich mein LG-Gerät „gegenwärtig“ gar nicht aus, wie mir das LG-Serviceteams auf meine diesbezügliche Anfrage mitteilt. Da bin ich „gegenwärtig“ aber beruhigt. Nur zum Besuch der ESOMAR-Website musste ich vorab einem Cookie zustimmen. So altmodisch kann die Branche also gar nicht sein.
Von Dr. Ralf Tscherwinka
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