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Umfrage konzipieren: Wie erstelle ich einen guten Fragebogen?

Leitfaden „Umfrage erstellen“ Schritte 3-5
Wenn Sie die Forschungsfrage und Untersuchungsziele festgelegt haben sowie das Thema und die Zielgruppe konkretisiert haben, geht es an den Entwurf des Fragebogens. Welche Themenschwerpunkte können gebildet werden? Welche Frageformen und Fragetypen kommen wann zum Einsatz? Dazu ist es wichtig zu wissen, was einen guten Fragebogen ausmacht – auch aus Sicht der Befragten.
Schritt 3: Welche Themenschwerpunkte und Frageformen gibt es?
Aus den Zielen und Programmfragen wird ablesbar, zu welchen Themen Fragen gestellt werden sollten. Hierzu werden die Themengebiete sinnvoll nach einer inhaltlich stringenten Reihenfolge in Themenschwerpunkte gegliedert. Daraus können dann Frageblöcke zu den einzelnen Themenkomplexen des Fragebogens gebildet werden.
Themenschwerpunkte
(Beispiel)
A: Fragen zum Marketing Club allgemein
B: Fragen zum Service und Angebot
C: Fragen zu Medien
D: Fragen zu Betreuung und Beiträgen
E: Soziodemographische Daten der Teilnehmenden
Empfohlene Reihenfolge der Fragen:
1. Vom Allgemeinen zum Konkreten
2. Vom Einfachen zum Abstrakten
Unser Tipp: Berücksichtigen Sie immer eine Konzentration auf die Fokusthemen.
Unterschiedliche Frageformen
Umfragen bieten zahlreiche Möglichkeiten, Fragen zu stellen und Antworten zu formulieren. Unter den Frageformen wird nach direkten und indirekten Fragen unterschieden. Ausschlaggebend ist die Erwartung an die Teilnehmenden, ob sie eine Frage ehrlich und genau beantworten oder sich bei einer direkten Ansprache eher befangen fühlen.
Indirekte Fragen sind empfehlenswert, wenn zu erwarten ist, dass Befragte nicht ihre wirkliche Einstellung und ihr Verhalten offenlegen wollen oder aufgrund ihres Wissensstands die Frage in direkter Form nicht beantworten können.
- Wie alt sind Sie?
- Wo wohnen Sie?
- Sind Sie mit dem Angebot des Club zufrieden?
- Welche Neuerungen wünschen Sie sich?
Empfehlenswert bei: Fragen zu Fakten und Wünschen sowie unkritischen Fragen zu Meinungen, Einstellungen und Wahrnehmungen
- Viele Mitglieder sind der Ansicht, dass zu wenig für die interne Betreuung getan wird. Wie ist das bei Ihnen?
- Viele Mitglieder sind unzufrieden mit dem Veranstaltungsangebot. Welcher Ansicht können Sie am ehesten zustimmen?
- Antworten von „stimme ich sehr zu“ bis „stimme ich gar nicht zu“
Erwägenswert bei: kritischen Fragen zu Einstellungen, Wahrnehmungen und Meinungen
Welche Frageformate gibt es?
Bei der Formulierung der Fragen können „offene“, „geschlossene“ und „halboffene“ Fragestellungen genutzt werden, abhängig von der Art der Antwort, wir erhalten möchten. Unsere Beispiele von Umfragen zeigen, wie die unterschiedlichen Frageformate im Fragebogen dargestellt werden.
Geschlossene Fragen zeichnen sich durch konkrete Antwortvorgaben aus, bei denen der Inhalt schon weitestgehend klar ist. Befragte können zwischen verschiedenen Antwortoptionen wählen und durch ihre Markierung eine Auswahl treffen. Unterschieden werden dabei noch die Einfach- oder Mehrfachauswahl an Antwortmöglichkeiten. Bei geschlossenen Fragen müssen die Antwortmöglichkeiten gut durchdacht werden, denn die Vorgaben können die Befragten leicht beeinflussen. Geschlossene Fragen können von den Teilnehmenden schnell beantwortet werden, die Daten sind auch automatisch auslesbar, aber es gibt ein gewisses Risiko, dass die Antworten recht beliebig gewählt werden.
Offene Fragen bieten Teilnehmenden die Möglichkeit, in Textfeldern freiformulierte Antworten geben zu können. Sie bieten Raum für Meinungen und Einstellungen und können wertvolle zusätzliche Informationen generieren. Bei diesem Frageformat können qualitative Daten erfasst werden, aber die Auswertung ist bedeutend aufwendiger, denn die freien Texte müssen manuell gefiltert werden. Auch für die Befragten ist das Ausfüllen mit einem höheren Zeitaufwand verbunden, aber Teilnehmende möchten nach ihrer Meinung befragt werden. Offene Fragen sollten in Hinblick auf die Auswertung und den Umfang einer Umfrage nur mit Bedacht genutzt werden.
Halboffene Fragen sind die sogenannten "Hybridfragen" unter den Frageformaten. Sie können mit der Auswahl von Vorgaben beantwortet werden, aber noch durch Ausfüllen eines freien Textfelds ergänzt werden. Damit bieten sie Befragten einerseits einige Kategorien von Antworten vor, geben aber die Möglichkeit, das Thema noch individuell aus einem eigenen Blickwinkel zu beleuchten. Die Antworten bei halboffenen Fragen werden häufig in der aktiven Form formuliert, da sich die Teilnehmenden einer Umfrage dadurch besser angesprochen und abgeholt fühlen.
Welche Fragetypen können in einer Erhebung genutzt werden?
Hierbei wird zwischen Testfragen, die auf das Ziel der Umfrage ausgerichtet sind, und Funktionsfragen, die den Ablauf der Umfrage bestimmen, unterschieden.
- Sachfragen: zielen auf die Ermittlung von konkreten Sachverhalten ab.
- Wissensfragen: überprüfen den Kenntnisstand der Teilnehmenden.
- Meinungsfragen: fragen persönliche Einstellungen und Motive ab.
- Motivationsfragen: prüfen die Motivation der Befragten auf bestimmte Anreize.
- Verhaltensfragen: fragen ein Handeln in einer bestimmten Situation ab.
- Eisbrecherfragen: können von jedem beantwortet werden, werden meist zu Beginn gestellt, um das Interesse der Befragten zu wecken und eine angenehme Stimmung zu erzeugen.
- Kontrollfragen: überprüfen, ob Befragte wahrheitsgetreu antworten.
- Überleitungsfragen: bilden das Verbindungsglied zu einem neuen Themengebiet.
- Soziodemografische Fragen: fragen konkrete Eigenschaften der Befragten ab, um sie in verschiedene Gruppen einordnen zu können.
Begriffserläuterungen zum Fragebogen
Als Fragebatterie bezeichnet man eine Zusammenstellung mehrerer Fragen zum selben Gegenstand, also beispielsweise eine Reihe von Fragen, die die Einstellung eines Kunden zu einem bestimmten Produkt erfassen. Sie werden genutzt, wenn eine einzelne Frage nicht ausreichen, um eine treffsichere Antwort zu erhalten.
Als Item bezeichnet man eine einzelne Aussage oder Frage innerhalb eines Fragebogens.
Schritt 4: Was ist bei den Antwortvorgaben zu berücksichtigen?
Neben der Formulierung von unterschiedlichen Fragen, müssen auch die Antwortmöglichkeiten in Hinblick auf das Befragungsziel gründlich überlegt werden: Haben Teilnehmende ausreichende Vorgaben, um ihre individuellen Einstellungen ausdrücken zu können? Gerade wenn man das Ausmaß von Zustimmung oder Ablehnung zu einem Produkt erfahren möchte, bieten sich sogenannte Skalen für die Erhebung an. Sie beruhen auf einem Verfahren zur Messung persönlicher Einstellungen nach dem Sozialforscher Rensis Likert, der Likert-Skala.
Mehrstufige Antwortvorgaben
Beispiel eines Items mit einer fünfstufigen Skala:
Wie zufrieden sind Sie mit dem Veranstaltungsangebot des Marketing Clubs?
1 = sehr zufrieden
2 = zufrieden
3 = weder noch
4 = unzufrieden
5 = sehr unzufrieden
Antwortkategorien nach den Kriterien MECE

Bei Antwortkategorien sollte darauf geachtet werden, dass diese „MECE“ sind. MECE steht für mutally exclusive, collectively exhaustive. Darin stecken zwei Ansprüche:
- Erstens, dass Antwortkategorien sich nicht überschneiden sollen (mutually exclusive), oder, dass eine Antwort einen Teil einer anderen Antwort abbildet.
- Zweitens, dass alle möglichen Antworten abgebildet werden sollten.
So können bei der Frage nach der liebsten Automarke nicht nur drei Marken abgefragt werden. Je nach Forschungsfrage sollte hier dann auf eine offene oder halb-offene Frage gewechselt werden. Bei einer halb-offenen Fragen gibt es neben Antwortkategorien noch eine offene Antwortmöglichkeit wie „Sonstiges:".
Negatives Beispiel auf der rechten Seite:
Hier haben sich gleich zwei Fehler eingeschlichen: Wer 25 ist, weiß nicht genau, in welche Kategorie er fällt. Und wer zwischen 55 und 64 Jahre alt ist, hat keine Möglichkeit, die eigene Altersklasse zu wählen. Eine Alternative wäre die Abfrage des Alters mit einem offenen Zahlenfeld gewesen.
Schritt 5: Wie mache ich einen guten Fragebogen?
Ein guter Fragebogen berücksichtigt nicht nur die Sicht der Forschenden, sondern auch die Sicht der Befragten. Denn was nützt eine aufwändige Umfrage, wenn nicht genügend Personen daran teilnehmen.
Welchen Fragebogen wünschen sich Teilnehmende, um eine Umfrage motiviert bis zum Ende zu beantworten?
Kriterien aus der Sicht der Befragten
- Fragen so kurz und verständlich wie möglich
(Lange Texte haben schnell eine abschreckende Wirkung und sind beliebte Abbruchstellen) - Erklärungsbedürftige Sachverhalte ausreichend erläutern
- Eine sehr kurze Einstiegsseite, minimale Ausfüllhinweise und Reduktion auf die wesentlichen Texte
- Inhaltliche Optimierung auf eine geringe Gesamtlänge
- Einfaches Ausfüllen ermöglichen
- Intuitives Verständnis der Teilnehmenden fördern
- Klare und große Bedienelemente zur Meinungsabfrage anbieten
- Leicht erkennbare Positiv-Negativ-Ausrichtung von Skalen
- Antworten grafisch in übersichtliche Textfelder gliedern
- Gleichförmigkeit anstreben (kein unnötiger Wechsel von Skalen oder deren Orientierung)
Spannende Dramaturgie im Fragebogen
Wechsel zwischen Faktenabfragen und Meinungsfragen
Verzicht auf sich wiederholende Kontrollfragen
Reduzieren von sehr ähnlichen Antwortoptionen
Einsatz interessanter Fragetypen (falls gerechtfertigt)
Verwendung von Bildern (falls gerechtfertigt)
- Nicht immer möglichst wenig Fragen, sondern effiziente
- Intelligente Filterführung
- Angemessene Informationstiefe
- Gefühl der Wertschätzung der Meinung vermitteln
- Möglichkeit bieten, mit den Antworten etwas bewirken zu können
(nach Axel Theobald von Rogator) Web-Seminar: Grundlagen erfolgreicher Fragebogengestaltung (rogator.de)
10 Gebote der Frageformulierung nach Porst
Bei der Formulierung der Fragebogen-Fragen sollten Sie außerdem die folgenden „10 Gebote der Frageformulierung“ nach Rolf Porst berücksichtigen. Denn nur methodisch und technisch einwandfreie Fragestellungen führen zu verwertbaren Daten und motivieren die Teilnehmenden eine Umfrage vollständig zu beantworten: die Grundlage für aussagekräftige Ergebnisse zu Ihrer Forschungsfrage.
- Du sollst einfache, unzweideutige Begriffe verwenden, die von allen Befragten in gleicher Weise verstanden werden!
- Du sollst lange und komplexe Fragen vermeiden!
- Du sollst hypothetische Fragen vermeiden!
- Du sollst doppelte Stimuli und Verneinungen vermeiden!
- Du sollst Unterstellungen und suggestive Fragen vermeiden!
- Du sollst Fragen vermeiden, die auf Informationen abzielen, über die viele Befragte mutmaßlich nicht verfügen!
- Du sollst Fragen mit eindeutigem zeitlichem Bezug verwenden!
- Du sollst Antwortkategorien verwenden, die erschöpfend und disjunkt (überschneidungsfrei) sind!
- Du sollst sicherstellen, dass der Kontext einer Frage sich nicht auf deren Beantwortung auswirkt!
- Du sollst unklare Begriffe definieren!
Literaturnachweise:
Quick Guide Onlinefragebogen, 2022, U. Föhl und C. Friedrich
Marktforschung. In der Reihe "Modernes Marketing für Studium und Praxis". H.C. Weis und P. Steinmetz. Kiehl-Verlag.
Fragebogen und Fragearten – Methoden: Grundlagen der empirischen Sozialforschung (ku.de)