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Andreas Knappstein, Bilendi & respondi Wie KI die qualitative Marktforschung verändert

Künstliche Intelligenz überzeugt bislang vor allem darin, große Textmengen zu verarbeiten. Andreas Knappstein wagt anhand der Projektphasen Design, Qualitätssicherung und Analyse einen Ausblick, welche Veränderungen KI vor allem für die qualitative Marktforschung mit sich bringen kann.

Der Aufstieg der Künstlichen Intelligenz (KI) – entfesselt durch ChatGPT - ist allgegenwärtig und zieht sich durch zahlreiche Branchen. KI wird viele Bereiche unseres Lebens stark verändern. Von einem neuen „iPhone-Moment“ ist die Rede. Übertrieben? Nein, keineswegs. Ich gehe weiter und denke, dass sich unser Leben durch KI spürbarer verändern wird als es die Einführung des iPhones damals getan hat. Die Art und Weise der Wertschöpfung wird sich stärker verschieben. Und wir stehen damit erst ganz am Anfang. 

In der Marktforschung macht KI bisher vor allem überall dort Sinn, wo mit Texten Texte erhoben und analysiert werden – also vor allem in der qualitativen Marktforschung. Diese auf den Menschen ausgerichtete Methode lebt von der persönlichen Ansprache und einfühlsamen Fragen.  

Aber passt das zusammen?  

Mit dem richtigen Ansatz und den richtigen Tools kann KI qualitative Forschungsmethoden ergänzen und verbessern. KI, wie ChatGPT, kann ein wertvoller Verbündeter für Marktforscherinnen und Marktforscher sein, insbesondere bei Aspekten des Forschungsdesigns und der Analyse. 

KI im Forschungsdesign  

Die Erstellung von Interviewfragen ist ein Anwendungsfall. Obwohl KI eine Liste von Fragen erstellen kann, müssen Forschende aufgrund der möglichen Einschränkungen beim Verständnis menschlicher Erfahrungen und des Kontexts Vorsicht walten lassen. Im Gegensatz zu Menschen, die sich auf gelebte Erfahrungen, Vorstellungskraft und Empathie stützen, um sich vorzustellen, wie die Fragen bei den Befragten ankommen, stützt sich die KI auf mathematische Algorithmen und riesige Datensätze. 

KI agiert hier zwar schon recht vielversprechend, kann aber das fantasievolle und einfühlsame Denken, das für die qualitative Forschung unerlässlich ist, noch nicht ersetzen.  

Menschliche Forschende sind entscheidend für die Durchführung aufschlussreicher und sensibler Forschung, die individuelle Perspektiven und Erfahrungen berücksichtigt. Forschende müssen KI als ein Werkzeug betrachten, das sie bei der Erstellung von Rohentwürfen und der Einleitung von Forschungsarbeiten unterstützt, anstatt sich ausschließlich darauf zu verlassen. 

Wie bei jeder KI-Technologie gibt es auch hier Bedenken hinsichtlich ihrer unethischen Verwendung und möglicher Voreingenommenheit. Marktforschungsexperten müssen mit Bedacht arbeiten, insbesondere wenn die Angabe von Quellen und die Minimierung von Voreingenommenheit von größter Bedeutung sind, um unterschiedliche Meinungen korrekt wiederzugeben. Diese Risiken können durch eine sorgfältige und verantwortungsvolle Nutzung und die Einbeziehung menschlicher Aufsicht in den Entscheidungsprozess minimiert werden. 

KI in der Qualitätssicherung 

Künstliche Intelligenz eröffnet aber auch neue Möglichkeiten bei der Kriminalität in Online-Befragungen. Was bis dato teilweise unvorstellbar war, ist auf einmal Realität. Die KI kann sich mit Text, Sprache oder Video (Deep Fake) als Mensch ausgeben, den es so gar nicht gibt oder vorgeben, ein bestimmter Mensch zu sein und Antworten generieren. So kann KI flächendeckend für systematischen Betrug genutzt werden, in dem menschliche Schwächen und veraltete Systeme ausgenutzt werden. 

So stellt es eine absolute Notwendigkeit dar, Qualität im Kern der Marke, Prozesse und Technologien zu verankern, um mit zielgerichteten Maßnahmen bestmöglich gewappnet zu sein. KI dabei vielschichtig eingesetzt werden, um die Datenqualität zu sichern, nicht nur in Befragungen direkt, sondern z.B. bereits während des Registrierungsprozesses zu einem Online-Panel. 

KI könnte Repräsentativität bei qualitativen Studien ermöglichen 

Qualitative Studien sind bis dato geprägt von kleineren Stichproben. Zu groß ist der Aufwand, insbesondere bei der Analyse. Daher haben qualitative Studien auch selten Anspruch auf Repräsentativität. Aber Repräsentativität - egal wofür – ist eine Grundvoraussetzung für die Aussagekraft quantitativer Studien.  

Wäre es daher nicht großartig, wenn wir bei Bedarf und mit überschaubarem Aufwand auch qualitative Studien die Siegel der Repräsentativität verleihen können?   

Heute nimmt uns die KI bei der Analyse (siehe Abschnitt „KI in der Analyse“) so viel Arbeit ab, dass nun qualitative Studien repräsentativ – zum Beispiel für die Bevölkerung – realisiert werden können. „Qual at Scale“ ist der passende Claim dazu. Ein schönes Beispiel dafür ist eine qualitative Shopper Studie, die wir nach der Pandemie und während steigendender Inflation mit je 300 Menschen in UK, Frankreich und Deutschland durchgeführt haben. 

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KI in der Analyse 

Die Marktforschungslandschaft erlebt den Aufstieg innovativer KI-gesteuerter Plattformen. Ein solches Beispiel ist Bilendi Discuss - eine neuartige Erhebungsplattform, die über API mit den Messengern-Apps der Teilnehmenden verbunden ist. Damit soll ein erster Schritt gemacht werden, um den jahrelangen Trend der Befragungsmüdigkeit – insbesondere bei jüngeren Zielgruppen der Generation Z – umzukehren. Messenger-Apps eignen sich weniger für quantitative Umfragen, aber qualitative Text- oder Sprachnachrichten sowie Bilder und Videos lassen sich hervorragend über WhatsApp & Co. erheben.  

Und wer soll das alles auswerten? 

Diese DIY/DIT-Forschungsplattform integriert die Bilendi Artificial Research Intelligence (BARI), der ChatGPT zugrunde liegt. BARI wurde mit hauseigenen Algorithmen und fortschrittlichen Prompt-Engineering-Techniken entwickelt und automatisiert die Textanalyse, was Zeit- und Kostenaufwand für die qualitative Forschung stark reduziert. BARI ermöglicht die effiziente Analyse großer Mengen unterschiedlicher Antworttypen, einschließlich Text, Bilder, Audio und Video, in mehreren Sprachen. Mit nur einem Klick erhalten Forschende wertvolle Zusammenfassungen der Ergebnisse, und die entsprechenden Verbatim werden zur Unterstützung der Analyse bereitgestellt. Die abschließende Überprüfung und Interpretation der Antworten verbleiben natürlich in den Händen der Forschenden, wodurch Genauigkeit und Kontrolle gewährleistet sind. 

Die KI-gestützte Analyse der Antworten stellt sicher, dass diese authentischen Antworten in großem Umfang interpretiert werden, wodurch die Kluft zwischen quantitativer und qualitativer Forschung überbrückt wird.  

Denn auf einmal sind auch qualitative Designs mit großen Stichproben und somit einer hohen Anzahl an Verbatim einfach umzusetzen. Was im Social Listening schon üblich ist – nämlich die systematisch, maschinengestützte Analyse der Inhalte aus sozialen Netzwerken – ist nun auch nahtlos in einem System bei Primärerhebungen umsetzbar. 

Fazit 

KI bietet spannende Möglichkeiten, vor allem für die qualitative Marktforschung. Marktforschende können von der Automatisierung und Effizienz der KI profitieren, die arbeitsintensive und sich wiederholende Aufgaben rationalisieren und eine breitere Forschungsabdeckung ermöglichen.  

Die Lücke zwischen Online-Befragungen in großem Maßstab und qualitativen Ansätzen mit kleineren Stichproben kann nun geschlossen werden, indem qualitative Studien nun auch mit größeren, repräsentativen Stichproben durchführbar sind. 

Die Unverzichtbarkeit von menschlicher Expertise und Empathie in der qualitativen Forschung ist dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Qualität und Effizienz. Dieser kollaborative Ansatz zwischen Menschen und Technologie ist der Schlüssel zu einer stärker integrierten und umfassenderen Zukunft der Marktforschung. 

 

Über die Person

Andreas Knappstein Geschäftsführer DACH bei Bilendi & respondi. Bis 2013 war er Manageing Director Sales bei der Liveloop GmbH. 2000 bis 2004 hat er Wirtschaft an der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen studiert.

Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

EXKLUSIV

Bilendi GmbH

Berlin

Bilendi GmbH

380 Mitarbeitende in der Bilendi Gruppe, davon 90 bei der Bilendi GmbH

Mit eigenen Panels in 13 europäischen Ländern und Zugang zu über 2,5 Mio. TeilnehmerInnen ist Bilendi & respondi führender…

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