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Martin Hellich, Chief Client Officer Ipsos Warum Do-it-Together Research besser für den Marktforschungsmarkt ist als Do-it-Yourself

Zusammen statt allein: Martin Hellich ist der Meinung, dass DIT in der Marktforschungsbranche oftmals sinnvoller ist als DIY. (Bild: picture alliance / Zoonar | Robert Kneschke)
Forschungsanwender konnten immer schon Marktforschungsprojekte auch selbst durchführen. Die Entwicklungen der letzten Jahre – und hier vor allem die Verbreitung besser integrierter Systeme bzw. Plattformen – haben eine eigenständige Studiendurchführung (DIY – Do-It-Yourself) jedoch zunehmend leichter möglich gemacht.
Damit einher gehen einige Vorteile. Die Niederschwelligkeit dieser Angebote – ob in puncto Zugänglichkeit, Nutzung, Kosten oder Durchführungsgeschwindigkeit – erschließen z. B. neue Anwendungsfälle, die vormals ohne empirische Absicherung auskommen mussten.
Aber ist es überhaupt sinnvoll, dass Unternehmen bzw. andere Institutionen Marktforschungsprojekte gänzlich eigenständig, also im DIY-Modus durchführen?
Wie immer kommt es wohl darauf an. Und für bestimmte Situationen und Anwendungsfälle gibt es gute Gründe für den DIY-Betrieb. Aus meiner Sicht sind jedoch die Argumente für eine kollaborative (DIT – Do-It-Together) und sinnvoll-arbeitsteilige Projektdurchführung zwischen Auftraggeber (z. B. Unternehmen) und Anbieter (z. B. Institut) schwerwiegender.
Und es ist nicht nur die handwerkliche Versiertheit (also eine höhere Produktivität) im Umgang mit Plattformen aufgrund der Qualifizierung und Spezialisierung des Personals in Instituten, die einen Unterschied macht:
Der Hammer und die Schraube – Beratungskompetenz beim Studiendesign
Das viel bemühte Bild von der Schraube, die mit dem Hammer in die Wand geschlagen wird, wenn man nur einen Hammer zur Verfügung hat, hinkt zwar, da mittlerweile ganze „Werkzeugkoffer“ voll an Lösungen für den potenziellen DIY-Betrieb angeboten werden.
Ein wahrer Kern bleibt dennoch erhalten, wie wir an unserem eigenen Geschäft ablesen können. Alljährlich zählen wir bei tausenden von Projekten mehrere hundert verschiedene und entsprechend codierte Lösungen in unseren Auftragsbüchern. Demgegenüber erfreuen sich die unterschiedlichen und potenziell im DIY anwendbaren Ipsos Digital Lösungen zwar häufiger und wiederholter Beauftragungen, machen aber weniger als fünf Prozent unserer Lösungen bzw. Angebotsvarianten aus. Offenkundig existiert also eine breit-gefächerte Nachfrage nach Lösungsvarianten, die sich mit dem benannten „Werkzeugkoffern“ nicht im DIY-Betrieb hinreichend passgenau abdecken lässt.
Von den Fakten zur Empfehlung – Beratungskompetenz
Ganz ähnlich gelagert sieht es mit der Beratung auf Basis von Studienergebnissen aus. Die Güte von Business Entscheidungen ist abhängig von den Schlussfolgerungen, die man einerseits als Forschende mit hohem wissenschaftlichem Anspruch aus einer Studie ziehen darf (nah an den Daten), andererseits aber vielmehr noch als Beratende ziehen kann und vielleicht auch sollte. Letzteres ist eine Frage der Kompetenz von Spezialisten und Spezialistinnen, bei denen nicht nur Erfahrungen eine wichtige Basis darstellen, sondern auch wertvolle Kenntnisse über Meta-Informationen (z. B. studienübergreifendes Research-on-Research Know-How) einfließen.
So kommt es, dass fast alle Ipsos Digital Projekte, trotz der grundsätzlichen DIY-Möglichkeit, von Ipsos Mitarbeitenden in Workshops besprochen oder präsentiert werden, um so auch den guten Rat auf Basis der speziellen Kompetenz unserer Kolleginnen und Kollegen an das Business geben zu können.
Konzentration auf die wertvollsten Tätigkeiten – warum Sie jetzt auf DIT umsteigen sollten
Viele Unternehmen verfügen über sehr gut qualifiziertes Personal in z. B. betrieblichen Marktforschungsabteilungen / Consumer & Market Insights (CMI) Teams und sind vielleicht von einem Wechsel auf einen DIT-Betrieb trotz genannter Gründe nicht überzeugt. Ich meine, sie sollten es dennoch tun, weil es besser für sie und sogar den deutschen Marktforschungsmarkt insgesamt ist.
Der Grund liegt in der Wertigkeit sowie Skalierbarkeit der eingesetzten Ressource Zeit. Manche Tätigkeiten sind wertstiftender als andere; so z. B. die Akquise, Betreuung und Beratung der Stakeholder / Forschungsanwender, als denn z. B. die handwerkliche Projektdurchführung. Denn letztere Arbeiten lassen sich leichter übertragen und von Spezialisten in z. B. Instituten verrichten; erstere dagegen sind deutlich schwerer und zum Teil gar nicht zu transferieren und mithin nicht skalierbar.
Dieser komparative Vorteil trägt selbst dann, wenn die absoluten Vorteile in puncto Kosten und/oder Zeit für einen DIY-Betrieb sprächen, eben weil der relative Wert von wertschaffenderen Tätigkeiten auf Unternehmensseite so viel höher ist als gewöhnliche DIY-Tätigkeiten. Besser noch sollten Hürden, die zu absoluten Kosten- und Geschwindigkeitsunterschieden zwischen DIY und DIT führen – vor allem hochschwellige Beschaffungsprozeduren – abgebaut werden.
Wenn man so möchte, wäre dies ein weiteres Beispiel einer wertstiftenden Tätigkeit, die helfen würde, noch bessere Voraussetzungen für DIT-Betriebe zu schaffen und die helfen würden, dass sich beide Seiten auf die komparativen Vorteile ihrer Spezialisierung konzentrieren und über die Zeit perfektionieren können.
Mit DIT den hiesigen Mafo-Markt entwickeln
Mein Eindruck: Während hierzulande gerne und viel über Methoden und Tools gesprochen wird, wird andernorts (insbesondere in anglo-sächsisch geprägten Ländern) das Augenmerk stärker auf solche Operating Models und auch die Profilierung, den Beitrag von CMI, für das Business gelegt. Provokant formuliert also:
- Jede Stunde, die sich CMI-Mitarbeiter mit der Suche nach Skalierungsmöglichkeiten des eigenen Business, des internen Marketings und New Business Development etc. beschäftigen, erweitert den Raum der Möglichkeiten und vergrößert das Budget bzw. den Forschungsmarkt in Deutschland.
- Jede Stunde, die CMI-Experten DIY-Research betreiben, optimiert bestenfalls kurzfristig Kosten, bremst aber die Entwicklung und lässt Budgets bzw. den Markt potenziell sogar schrumpfen; wie im Vergleich der internationalen Märkte in den letzten Jahren – aus Sicht von Deutschland – leider zu beobachten war.
Aus meiner Sicht geht es bei der Diskussion zwischen DIY versus DIT um mehr als nur Tools, Plattformen und wer welche Tätigkeiten ausübt.
Es geht vielmehr um die Frage, wie alle Akteure der hiesigen Branche es besser schaffen, Mehrwert und Wachstum im Markt für empirisch gesicherte, faktenbasierte Entscheidungen und Beratung zu erzeugen.
Bezogen auf den simplen Teilaspekt, ob dies besser mit DIY oder DIT funktioniert, sage ich ganz klar: Mit Do-It-Together!
Über die Person
Martin Hellich ist Chief Client Officer bei Ipsos Deutschland. Davor war er von 2018 bis 2021 Country Manager der deutschen Niederlassungen. Für Ipsos ist er in verschiedenen Rollen seit 2006 tätig. Er begann seine berufliche Laufbahn zunächst als Consultant bei der Unternehmensberatung Bearing Point und als Marketing Manager bei der Picturemaxx AG in München, bevor er den Schritt in die Marktforschung wagte, zunächst als Senior Consultant bei TNS Infratest.
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