Frank Drewes, Harris Interactive DIY mit Rückenwind – Full-Service-Research auf Toluna Start

Die Nachfrage nach hybriden DIT-Lösungen, bei denen die Vorzüge von DIY-Plattformen durch institutsseitige Unterstützung voll ausgeschöpft werden können, wird steigen. Frank Drewes beschreibt im Rahmen des Dossiers „DIY&T“ unter anderem, welche Projekte sich weniger für entsprechende Plattformen eignen und wie „Templated Solutions“ gewinnbringend eingesetzt werden können.

Die DIY-Bewegung segelt aktuell mit viel Rückenwind. Um aber mit dieser Unterstützung bei Mafo-Projekten auf Kurs zu bleiben, gilt es einiges zu beachten. (Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Matthias Oesterle)

Als Unternehmen Befragungen zu beauftragen und selbst auszuwerten, ist keine junge Entwicklung. „Field-to-tab“-Projekte wurden seit Beginn der Marktforschung in Deutschland angeboten, beauftragt und durchgeführt. Die Felddienstleistung war der zentrale Kern der Wertschöpfung auf Institutsseite, Beratungsdienstleistungen spielten eine nachgeordnete Rolle. Der Wunsch, (wenn überhaupt) nicht nur methodisch-analytisch, sondern auch inhaltlich zu beraten und beraten zu werden, entstand eher spät.

Die Online-Datenerhebung verschob die Schwerpunkte

In Verbindung mit der aufkommenden, vergleichsweise günstigen und aufwandlosen Online-Datenerhebung verschob sich der wirtschaftliche Schwerpunkt in der Marktforschungsbranche. Insbesondere für die großen Full-Service-Institute mit ihrer fortschreitenden Spezialisierung auf methodisch-analytische und inhaltliche Beratung verlor die Datenerhebung an wirtschaftlicher Bedeutung, sodass einige spät oder gar nicht mehr eine eigene Online-Datenerhebung aufbauten und sie stattdessen bei spezialisierten Onlinefelddienstleistern einkauften.

Es war nicht zuletzt der Qualität der Dienstleistungen durch Full-Service-Institute geschuldet, dass Endkunden eher selten Onlinebefragungen direkt beauftragten. Die Durchführung eines Marktforschungsprojekts von der Entwicklung eines methodisch einwandfreien und inhaltlich sinnvollen Befragungsinstruments bis hin zur Ergebnispräsentation und -diskussion vor der Geschäftsführung ist kein triviales Unterfangen.

Selbst an kleineren Projekten sind nicht selten ein halbes Dutzend Mitarbeitende auf Institutsseite beteiligt, die sich auf Fragebogenentwicklung, -programmierung, Feldsteuerung, Datenqualitätsprüfung, Tabellierung, fortgeschrittene Analysen, Berichtslegung, Ergebnisinterpretation und -präsentation spezialisiert haben.

Die Vorteile der Automatisierung

Die Automatisierung eines Teils dieser Tätigkeiten hat die Attraktivität der Direktbeauftragung von Felddienstleistungen wieder erhöht:

  • Die Fragebogenentwicklung wird durch Befragungsvorlagen bzw. Befragungsbausteine erleichtert oder ganz überflüssig gemacht;
  • Die Fragebogenprogrammierung, insoweit noch erforderlich, geschieht in einer benutzerfreundlichen Onlineoberfläche; 
  • Die Feldsteuerung wird durch das Befragungstool übernommen; 
  • Die Daten- bzw. Teilnahmequalität wird kontinuierlich noch während der laufenden Befragung kontrolliert;
  • Die erhobenen Daten können interaktiv tabelliert, z.T. vertiefend analysiert und verchartet werden. 

Der Unterschied, den DIY-Plattformen machen

Der entscheidende Unterschied gegenüber einer herkömmlichen Direktbeauftragung von Felddienstleistungen ist die völlige Autarkie, die DIY-Plattformen Auftraggebern bieten:

Zu keinem Zeitpunkt ist es notwendig, Dienstleister in die Erstellung der Befragung und ihre Auswertung mit einzubeziehen. Die von den Plattformanbietern als Herausstellungsmerkmal angeführte Zeit- und Kostenersparnis ergibt sich erst hieraus.

Die Automatisierung von repetitiven Tätigkeiten ist natürlich nicht nur für Kunden attraktiv, sondern auch für die Institute selbst, um ihre eigenen Projekte schneller und kostengünstiger durchführen zu können. Dies ermöglicht ihnen wiederum, eigene Nutzungserfahrungen zu sammeln und unmittelbar in die Pflege des DIY-Produkts einfließen zu lassen.

Die Nachfrage nach hybriden DIY-Lösungen wird steigen

Als ein Unternehmen der Toluna Group kann Harris Interactive auf ein weltweites Panel mit Millionen von Konsumierenden zugreifen. Hierbei haben wir wie andere Institutskunden von Toluna die Wahl, entweder klassisch Teilnahmen für unsere eigene Befragungsumgebung einzukaufen oder aber Toluna Start zu nutzen, die DIY-Plattform von Toluna. Aufgrund unserer Erfahrungen und der folgenden Überlegungen erwarten wir eine weiter steigende Nachfrage nach „hybriden“ DIT-Lösungen, bei denen die Vorzüge von DIY-Plattformen durch institutsseitige Unterstützung voll ausgeschöpft werden.

„Templated Solutions“ bieten einen deutlichen Gewinn an Effizienz.

  • Es gibt eine Reihe von Standardprojekten wie Verpackungs-, Konzept- und Werbemitteltests, die sehr gut automatisierbar sind. Nutzende müssen lediglich ihre Materialien wie Verpackungsbilder, Konzeptboards oder Werbemittel in eine Befragungsvorlage hochladen und die Zielgruppe ihrer Befragung definieren, ehe die DIY-Plattform alle übrigen Projektschritte bis hin zur Bereitstellung der Ergebnisse im Online-Reporting-Tool übernimmt. Tätigkeiten, die andernfalls selbst im günstigsten Fall zwei bis drei Arbeitstage beanspruchen würden, entfallen damit. 
  • Der Zugewinn an Effizienz ist umso deutlicher, je weniger das Template verändert wird. Mittlerweile bieten viele DIY-Plattformen eine Funktionstiefe, die der klassischer Onlinebefragungsprogramme nahekommt. Nachteil ist, dass gelegentlich Nutzende sie ohne Unterstützung kaum ausschöpfen können. Sollen Templates abgeändert werden, wird nicht selten die Unterstützung durch den Plattformanbieter erforderlich, wodurch die Effizienz wieder abnimmt.

Nicht alle Befragungen sind für eine DIY-Plattform gleich gut geeignet.

  • In der Regel werden Befragungen auf DIY-Plattformen über eine intuitiv bedienbare graphische Benutzeroberflächen erstellt, eine Skriptebene ist eher die Ausnahme. Komplexe, „nicht lineare“ Befragungen auf DIY-Plattformen umzusetzen, ist aufwändig. Dies gilt auch für die Auswertungsseite, sollen beispielsweise Bewertungen in einer Markenstudie als Branchendurchschnitt „über alle Marken hinweg“ analysiert werden. Angesichts der Stärken von DIY-Plattformen bei einfacheren Befragungen ist dies kein Drama und im Grunde genommen trivial. Dennoch wird von Versuchen gemunkelt, mit zitternder Hand in Powerpoint Conjoint-Aufgaben zu bauen, um diese dann als Screenshots in DIY-Tools einzubinden. 

  • Allerdings kann es unter Umständen sinnvoll sein, auch komplexere Befragungen auf einer DIY-Plattform umzusetzen, um deren voll integrierte Infrastruktur (Panel, Befragungstool, Onlinereporting) nutzen zu können. Eine Do-it-together-Spielart ist beispielsweise die institutsseitige Erstellung kundenspezifischer Templated Solutions, die dann selbstständig von lokalen Teams auf Kundenseite eingesetzt werden können. In einem solchen Anwendungsfall ist der einmalige Programmieraufwand gegenüber dem zu erwartenden Skaleneffekt nachrangig.

Nicht alle Projekte sind für eine DIY-Umsetzung aus Sicht des Auftraggebers gleich gut geeignet.

  • Die Programmierung und Auswertung einer Befragung ist nur ein Teil der Projektarbeiten, die sich betrieblich Marktforschende bei Nutzung einer DIY-Plattform selbst auferlegen. Unterschätzt, aber mit entscheidend über den Erfolg eines Projekts ist das Management von den „Stakeholdern“ eines Projekts auf Auftraggeberseite. Hinzu kommen die Auswahl, Beauftragung und Koordination von Dienstleistern, die auch bei DIY-Projekten noch für Tätigkeiten wie Übersetzungen und Kodierungen benötigt werden. Gerade bei internationalen Studien für Auftraggeber mit einer dezentralen Struktur kann das Projektmanagement deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen als die eigentliche Durchführung und Auswertung der Befragung. 
  • Generell wird nicht jeder Mitarbeitende auf Auftraggeberseite ein DIY-Angebot ähnlich bewerten: Des einen Freud (Kosteneinsparung) mag des anderen Leid (Mehrarbeit) sein. Reine DIY-Anbieter muss dies nicht weiter beschäftigen, sehr wohl jedoch Full-Service-Institute mit DIY-Angeboten, insbesondere wenn diese in bestehende Kundenbeziehungen eingebracht werden sollen.

Es wäre überraschend, wenn die Marktforschung die erste Branche wäre, in der „Amateure“ durchweg Arbeitsergebnisse auf demselben Niveau wie „Professionals“ (jeweils bezogen auf einen konkreten Projektabschnitt) erzielen könnten.

  • Die Durchführung eines Marktforschungsprojekts ist in Full-Service-Instituten wie erwähnt hoch arbeitsteilig organisiert. Jeder Projektschritt wird durch Mitarbeitende erledigt, die neben ihrem professionellen Training auf in Jahren erworbenes Anwendungswissen zurückgreifen können. Es ist selbstverständlich, dass diese Wissens- und Erfahrungsbasis nicht in jedem Projekt zum Tragen kommt, ebenso selbstverständlich sollte es aber auch sein, dass sie für manche Projekte von kritischer Bedeutung ist. DIY-Plattformen können ihren Nutzenden diese Basis nur zum Teil bereitstellen bzw. ihren potenziellen Beitrag zum Projekterfolg egalisieren. 
  • Christian Lohse, ein TV-bekannter Spitzenkoch, sagte einmal sinngemäß, jede Hobbyköchin bzw. jeder Hobbykoch könne auf Sterne-Niveau kochen. Gemeint war, dass die Qualität des Ergebnisses nicht unbedingt etwas über die Qualität des Prozesses aussagt und die Qualität des Prozesses entscheidend wird, sobald im großen Stil eine konstant hohe Leistung erforderlich ist. Andererseits wird die Arbeitsweise in Profiküchen vermutlich wenig mit den Aspekten zu tun, die am Hobby Kochen Freude bereiten. Harris Interactive kann Toluna-Start-Nutzende zu jedem Zeitpunkt im Forschungsprozess unterstützen, wenn eine reine DIY-Umsetzung aus Auftraggebersicht nicht mehr zielführend ist.

Der DIY-Plattformmarkt nähert sich der Sättigung.

  • Mittlerweile gibt es eine Reihe von DIY-Plattformbetreibern im In- und Ausland, sodass eine Differenzierung vom Wettbewerb zunehmend schwierig wird. Die meisten Anbieter setzen auf eine fortwährende Erweiterung des Funktionsumfangs ihrer Plattformen und ergänzen sie um (dann vielleicht auch notwendig werdende) Dienstleistungsangebote, die von der Fragebogenentwicklung bis hin zur Ergebnispräsentation reichen können.
  • Aus Sicht der Nutzenden nähern sie sich damit den klassischen Full-Service-Angeboten wieder an – für beauftragende Unternehmen ist es nachrangig, in welcher technologischen Umgebung ihre Befragung durchgeführt wird, wenn Programmierung und Auswertung durch das Institut erfolgen.
  • Diese Entwicklung folgt auch aus dem bisherigen Fehlen einer „Killerapplikation“ von DIY-Plattformen: Die Innovation von DIY-Angeboten besteht darin, durch Full-Service-Institute oder spezialisierte Dienstleister erbrachte Leistungen zu automatisieren und auf einer Plattform zusammenzuführen. Dies ist eine hervorragende Leistung, aber ohne weitere methodische oder prozedurale Innovationen wird es keine Killerapplikation für DIY-Angebote geben.  

DIY-Befragungen sind in ihrer Unmittelbarkeit aus Auftraggebersicht faszinierend!

  • Innerhalb einer Stunde eine einfache Befragung erstellen und einige Dutzend Fälle einsammeln zu können, ist faszinierend! In einen (fast) unmittelbaren Dialog mit Konsumierenden zu treten, kann für Auftraggeber völlig unabhängig von den obigen Überlegungen ein völlig ausreichender Grund sein, DIY-Marktforschung zu betreiben.
  • Dank Toluna Start können wir als Harris Interactive unseren Kunden jede Spielart der Projektdurchführung anbieten, von einer völlig autonomen DIY-Studie über alle Varianten des DIT bis hin zu klassischem Full Service.

Tatsächlich ermöglicht uns der kontinuierlich anwachsende Funktionsumfang von Toluna Start, mehr und mehr Studien über die Plattform durchzuführen, sodass unser Dienstleistungsumfang jederzeit an die Bedürfnisse unserer Kunden angepasst werden kann. Vielleicht ist diese Flexibilität auf Auftraggeber- wie Auftragnehmerseite letzten Endes die eigentliche Killerapplikation von DIY-Plattformen, wie es Susan Vidler, Chief Research Officer, Toluna, formuliert:

„Insight- und Marketing-Experten nehmen unterschiedliche Dienstleistungsangebote in Anspruch, um ihren Bedarf zu decken. Einige Projekte werden selbst durchgeführt, andere als DIT und wieder andere als Full Service. Um Budgets voll auszuschöpfen, werden Dienstleistungen in Anspruch genommen, wenn keine internen Ressourcen zur Verfügung stehen oder wenn eine bestimmte Qualifikation oder eine bestimmte Art von Forschungsexpertise erforderlich ist.“ 

Über Frank Drewes

Frank Drewes, harris interactive AG (Bild: harris interactive)
Frank Drewes verantwortet als Director Marketing Science der Harris Interactive AG seit 2008 die Entwicklung innovativer Marktforschungsansätze und unterstützt das Projektmanagement in methodischen Fragen. Der Diplom-Psychologe verfügt über mehr als zwanzig Jahre Institutserfahrung mit den Branchenschwerpunkten Finance, Automotive, Agrar und FMCG. 

 

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