Rückblick auf die DIY&T research days Daily Keynote vom 12.09.2022 Die Zukunft der Online-Samples

Die weltweit dominierende Befragungsmethode ist das Online-Interview. Diese Entwicklung wird auch durch die zunehmende Verbreitung von DIY-Research verstärkt. Doch das beste Befragungstool liefert keine sinnvollen Insights, wenn die Stichprobe von schlechter Qualität ist oder kaum jemand teilnimmt. Dr. Dirk Held von aimpower, Gabriele Stöckl von Harris Interactive und Sebastian Wezel von PureSpectrum diskutierten über die Entwicklung, Herausforderungen und Alternativen von Online-Samples.

Daily Keynote Die Zukunft der Online-Samples

Den Auftakt der ersten Ausgabe der DIY&T research days bildete eine Diskussionsrunde rund um die Zukunft der Online-Samples. Dabei diskutierte Holger Geißler von marktforschung.de mit folgenden drei Expertinnen und Experten:

  • Dr. Dirk Held, Co-Founder und Chairman Advisory Board bei aimpower GmbH
  • Gabriele Stöckl, Joint Head of Research bei Harris Interactive AG und Vertreterin von Toluna
  • Sebastian Wezel, Sales Director Central Europe bei PureSpectrum

Befragungen werden bestehen bleiben

Bei einem Blick in die Glaskugel auf das Jahr 2040 herrscht zunächst einmal Einigkeit, dass Befragungen weiterhin bestehen und notwendig sein werden. Gabriele Stöckl erläutert, dass der „Rohstoff“ Daten in Zukunft immer wertvoller und immer schwieriger zu bekommen sein werde. Sie ist überzeugt, dass Befragungen dorthin gehen werden, wo die Zielgruppen dann sind, sei es das Metaverse oder Voice-Interaktionen.

Sebastian Wezel ist sich sicher, dass die Automatisierung einen großen Schritt machen wird. 

„Es wird bestimmte Bereiche geben, wo wirklich das starke Expertenwissen gebraucht wird und auf der anderen Seite wird es Bereiche geben, wo wir eine komplette Automatisierung in dem ganzen Reseach-Prozess sehen. Gerade auch, wenn es um die Rekrutierung von Teilnehmern geht.“

Was muss sich ändern, damit Befragte gerne teilnehmen?

Gabriele Stöckl betont die Bedeutsamkeit der User Experience von Befragungen. Dabei gehe es um Aspekte wie den Befragungszeitpunkt, den Befragungskanal oder das Engagement. Um die UX von Befragungen zu verbessern, könnte ihrer Meinung nach der Einsatz von künstlicher Intelligenz sinnvoll sein. Zudem sei Respekt vor der Zeit, die Panelisten mit Fragebögen verbringen, wichtig. Zentral bliebe nachwievor das klassische Marktforscherhandwerk: Wie ein guter Fragebogen erstellt wird und was vermieden werden sollte.

In den letzten Jahren scheint sich bei Online-Befragungen die UX jedoch wenig weiterentwickelt zu haben, wenn man bedenkt, dass z. B. durch Technologien wie bei Alexa, Siri und Co. auch ganz andere Möglichkeiten gegeben wären. Dr. Dirk Held erklärt sich dies damit, dass bei Befragungen aktuell trotz sinkender Teilnahmebereitschaft ja noch immer Daten zu bekommen sind. Somit sei die Motivation etwas zu ändern, gering. Zu neuen Arten der Befragung wie mit Unterstützung von Bots und Sprachassistenten sei noch mehr Forschung notwendig. Dr. Held ergänzte, dass die Länge der Umfrage in Zukunft immer wichtiger werde, denn diese sei ein großer „Schmerz“ für die Teilnehmenden.

Sebastian Wezel wies darauf hin, dass immer mehr Befragungen Mobile stattfinden und hier die Bereitschaft, sich Zeit für eine Umfrage zu nehmen, noch deutlich geringer sei.

Welchen Einfluss haben Incentives?

Sebastian Wezel erläutert, dass Incentives grundsätzlich die Teilnahmemotivation erhöhen können, aber ab einem bestimmten Level keinen größeren Einfluss mehr haben. Da Teilnehmende in der Regel durch Incentives auch nicht reich werden, müsse eine gewisse intrinsische Motivation immer vorhanden sein. Seiner Meinung nach sollten monetäre Incentives auch nicht zu hoch angesetzt werden, außer es handle sich um wirklich lange Befragungen. Diesem Aspekt stimmt Gabriele Stöckl zu. Es müssten die verschiedenen Motivationen der Teilnehmenden berücksichtigt – auch z. B. soziale Motivationen – und entsprechend incentiviert werden.

KI und Big Data für mehr Selektivität in der Zukunft

„Unsere Vision ist tatsächlich, dass man aufgrund des Datenschatzes aus vielen Befragungen in einem konsistenten Online-Panel in der Lage ist, statt 20 Minuten zu befragen nur noch zehn Minuten die wichtigsten Fragen stellt, die man noch nicht hat.“

, berichtet Gabriele Stöckl über die Entwicklungen bei Toluna. Dabei sollen über Big Data Muster erkannt und somit der Datensatz einer Befragung angereichert werden. Sie betont, dass durch die Nutzung bestehender Daten mit KI in Zukunft viel selektiver befragt werden könne. Dann müssten Befragungen nur stattfinden, wenn wirklich neue Daten gebraucht werden oder sich in der Welt etwas verändert, wie z. B. durch die Corona-Pandemie. Das Abfragen der immer gleichen Dinge wäre dann nicht mehr nötig. Stichproben könnten durch die Nutzung von bereits vorliegenden Daten verkleinert und Fragebogen dadurch verkürzt werden. So sei es möglich, die knappen Rohstoffe „Aufmerksamkeit“ und „Teilnahmebereitschaft“ da einzusetzen, wo man sie wirklich brauche.

Dr. Held gibt aber zu bedenken, dass der Einsatz von KI nicht immer sinnvoll sei. Gerade wenn sich etwas zu oft ändert oder vergangenheitsbezogen ist, lohne es sich nicht, Modelle zu bauen, da die KI immer wieder neu trainiert werden müsste. 

„Was man, glaube ich, sehr gut vorhersagen kann, ist alles, was Informationsverarbeitung angeht. Bei allem, was mit Motivationen, Relevanz und Bedürfnissen zu tun hat, ist es – dadurch, dass diese sich ständig ändern – schwierig, KI zu trainieren.“

, so die Einschätzung von Dirk Held.

Alternative Befragungsformen werden zunehmen

Bezüglich der Nutzung alternativer Befragungskanäle und Rekrutierungsformen berichtet Dr. Held, dass bei aimpower viele Sekundärdaten aus dem Internet zum Trainieren von Modellen genutzt werden. So sei es unter Umständen gar nicht mehr nötig, zu befragen. Potenzial sieht er in der automatisierten Analyse von Sprache, sowohl gesprochen als auch geschrieben. So könne der Fragebogen gekürzt werden und stattdessen ein oder zwei offene Fragen kodiert werden.

Auch Sebastian Wezel sieht Voice als stärker kommenden Bereich sowie Mikro Surveys, bei denen Teilnehmende keine 15 Minuten mehr an einem Fragebogen sitzen, sondern ihnen sehr zielgerichtet einzelne Fragen gestellt werden.

Gabriele Stöckl sieht alternative Befragungskanäle gerade vor dem Hintergrund des immensen Hungers nah Befragungsdaten als legitimen Weg an. Sie betont jedoch, dass Repräsentativität immer der Schlüssel zum Erfolg bleiben muss. Und manche Fragestellungen würden eben dennoch intensivere Befragungsmethoden benötigen.

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