Wie wird man Customer Experience Manager/in?

Insights zum Berufsbild von Customer Experience Managerinnen und Managern
Wer als CX Managerin oder CX Manager arbeiten möchte, muss diverse Kompetenzen und Fähigkeiten erfüllen. Zwei langjährige Customer Experience Experten schildern aus ihrem eigenem beruflichen Erfahrungsschatz, was besonders interessant ist an dem Berufsfeld CEM und welche Ausbildungsmöglichkeiten es gibt. Erfahren Sie, worauf es in dem Berufsfeld Customer Experience Management ankommt und wo die Gehälter in der Branche des Kundenerfahrungsmanagements liegen.
Experteninterview
Peter Pirner und Matias M. Musmacher sind langjährige Experten im Bereich Customer Experience Management und Customer Journey Management. Marktforschung.de konnte die beiden CEM-Experten für ein Interview über das Berufsfeld von Customer Experience Managerinnen und Managern gewinnen.

Peter Pirner ist freier CX-Advisor, CX-Coach und Speaker sowie Consulting Partner verschiedener Management Beratungen. Als Host des erfolgreichsten deutschen Podcast für CX Management CX-Talks erreicht er regelmäßig ein großes Publikum an Fachinteressenten. Zuvor war er fast 25 Jahre für Kantar in den unterschiedlichsten globalen und nationalen Führungsrollen im Bereich CX Management und Digital tätig. Heute gilt er als einer der renommiertersten CX Thought Leader in der DACH Region.

Matias M. Musmacher ist Vorstand der O’Donovan Consulting AG und auf kundenzentrierte Unternehmensführung spezialisiert. Gemeinsam mit seinem Team findet er die ideale Welle für Unternehmen. Gemeint ist, Dynamik zu bringen, wo Flaute herrscht in Kundeninteraktionen; und Ruhe, wo schnelles Wachstum und extreme Dynamik überhand nehmen. Einige Methoden auf dem Weg dahin: ausführliche Kundenanalysen (Fakten statt Bauchgefühl!), kompromisslose Ausrichtung des Geschäftsmodells an Kunden und dauerhafte Verankerung von Kundenzentrierung in den Prozessen und in den Köpfen der Organisation. Zu seinen Kernkompetenzen zählen u. a. CX Governance, Customer Journey Management und Contact Center Excellence.
Was sind die Aufgaben von Customer Experience Managerinnen und Managern?
Matias M. Musmacher: Die Aufgaben sind heute noch so unterschiedlich wie die Stellenbeschreibungen in den Unternehmen. Wir finden Menschen, die auf sehr strategischen Ebenen arbeiten, aber auch genauso Mitarbeitende, die in Teildisziplinen wie User Experience oder Kundenzufriedenheitsbefragungen tätig sind. Wenn ich die idealtypische Stellenbeschreibung entwickeln darf (und in manchen Beratungssituationen ist das tatsächlich der Fall) dann sind CX Managerinnen und CX Manager diejenigen, die als Experten den Überblick haben.
Überblick zu allen im Unternehmen notwendigen Werkzeugen, Überblick zu den verschiedenen Projekten und Initiativen zur Verbesserung der CX und der Transformation der Haltung des Unternehmens.
Was mir genauso wichtig ist: Das bedeutet nicht, dass sie alles verantworten oder selbst durchführen müssen. Denn dann sind sie Retter des Unternehmens und tragen am Ende die Last alleine, was nicht zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Und für die persönliche Entwicklung auch ungesund ist.
Peter Pirner: Gerade in der Marktforschungsbranche wird CX Management ja nicht selten mit der methodischen Kunst eines filigran aufgesetzten Voice of the Customer Systems oder einer aufwändigen NPS Studie gleichgesetzt. Das ist aus meiner Erfahrung noch nie eine zulässige Verkürzung des Aufgabengebietes gewesen.
Früher oder später werden CX Managerinnen und CX Manager in der Praxis immer mit der ganzen Bandbreite der Beratungs-, Coaching und Organisationsentwicklungstools konfrontiert. Eine wichtige persönliche Aufgabe ist es deshalb, sich bewusst aus der Komfortzone zu bewegen und inhaltlich an all diese Fragestellungen aktiv anzudocken.
Was ist besonders interessant an dem Beruf als CX Manager/in?
Peter Pirner: Aus meiner Sicht ist es die unfassbare Breite der Anwendungsfelder. Dies macht es möglich, genau seine eigenen persönlichen Stärken zielgerichtet einzubringen. Zudem ist Abwechslung garantiert und die professionelle Neugier schadet auch nicht, bei der Anwendung neuer Technologien und Lösungskonzepte.
Matias M. Musmacher: Für mich ist es die Möglichkeit, richtig was zu bewegen und anderen motivierten Kolleginnen und Kollegen eine Bühne zu bauen. Etwas aus Sicht des Kunden zu verbessern und zu zeigen, dass es auf den Unternehmenserfolg einzahlt, ist unheimlich zufriedenstellend.
CX Managerinnen und CX Manager haben die Chance, interdisziplinär zu arbeiten und Einblicke in alle Facetten des Unternehmens zu bekommen. Das gibt eine gewisse Freiheit im Beruf und die Chance, Silos einzureißen.
Welche Skills sollte man mitbringen, um den Beruf ausüben zu können?
Peter Pirner: Viele CX Fachleute aus der Marktforschung nutzen ja ihre Rolle im CX Management als Sprungbrett, ihrer Karriere einen neuen Schub bzw. eine neue Richtung zu geben. Da Kundenbedürfnisse und Insights immer im Zentrum der Arbeit stehen, bringen Sie viel mit. Sie dürfen sich aber keinesfalls auf ihrer Methodenkompetenz ausruhen. In Organisationen sind viele Skills gefragt – oft unterschätzt ist z. B. die „Organisationskompetenz“, also das Verstehen und Nutzen der vorherrschenden Entscheidungsprozesse. Dazu bedarf es einiges an Offenheit und Empathie.
Matias M. Musmacher: Ich finde auch soziale Kompetenzen wie Neugierde, Empathie und intrinsische Motivation zur Veränderung sind extrem wichtig. Ist das Thema neu im Unternehmen, kommt „Leadership“ dazu, denn das Anschieben der Transformation braucht dies.
Methodenkompetenzen liegen für mich vor allem in der Analytik und im Service Design – gerne gepaart mit Moderation. Ansonsten sehe ich CX Managerinnen und CX Manager eher als Generalisten, die gerne auch Fach-Know-how aus den verschiedenen notwendigen Disziplinen mitbringen.
Aber um durch die Brille des Kunden aufs Unternehmen zu schauen, ist zu viel Expertentum aus kundennahen Bereichen nicht immer förderlich.
Welche Ausbildungsmöglichkeiten gibt es?
Matias M. Musmacher: Wir sollten nicht vergessen, dass CX Manager/in gar kein echter Ausbildungsberuf sein kann. Bei einer neuen, noch teilweise mit diffusen Vorstellungen verbundenen Disziplin wäre das auch nicht wirklich zielführend.
Deshalb bevorzugen Unternehmen meist die Ausbildung „training on the job“ – also der Sprung ins kalte Wasser.
Wir sehen, dass viele Berufstätige dann zur Orientierung mit dem Besuch von Messen oder Online-Events starten. Parallel dazu werden Peer-Gruppen zum Austauschen von Wissen, Herausforderungen und Geschichten besucht. Wer danach tiefer einsteigen will oder aber Beschleunigung in der Weiterentwicklung sucht, der nutzt die Angebote von privaten und professionellen Anbietern.
Peter Pirner: Ich sehe zunehmend das Entstehen formaler Ausbildungen bis hin zu einem Master in CX Management an privaten und öffentlichen Hochschulen.
Für Alumni werden von einzelnen Universitäten auch spezielle Kurse zur Weiterbildung angeboten. Das finde ich besonders wichtig, weil man erst mit einer gewissen Berufserfahrung und Seniorität das Potential der Rolle ausschöpfen kann.
Wichtig ist für die Teilnehmenden eher auf die Praxisrelevanz der Ausbildung zu schauen, statt zu sehr auf die wissenschaftliche Fundierung.
Im Angelsächsichen Bereich gibt es dafür z. B. die Praxiszertifikate der CXPA (Customer Experience Professionals Association). Da es in DACH keinen Berufsverband der CX Professionals gibt und es natürlich kulturelle Unterschiede im Einsatz der Instrumente gibt, haben wir im i-CEM eine praxisnahe, vergleichbar fundierte Weiterbildung als CX Manager/in für die DACH Region entwickelt. Hier präsentieren verschiedene Praktiker mit ihrer jeweiligen Perspektive die zentralen Inhalte in 4 Modulen.
Schließlich bin ich fest davon überzeugt, dass es sehr sinnvoll sein kann, für einen bestimmten Zeitraum ein fachliches Mentoring oder Coaching zu nutzen, um die eigenen Projektschritte noch mal kritisch zu überprüfen und zu optimieren. Kein Teammitglied kann den unvoreingenommenen Blick eines geschulten Auges aus der Außenperspektive ersetzen. Hier gibt es bereits eine Reihe renommierter coachender Personen in der DACH Region.
Was lernt man in den Weiterbildungen?
Matias M. Musmacher: Das ist immer abhängig vom Anbieter. Kommt der Anbieter aus einer der Spezialdisziplinen, so liegt der Schwerpunkt häufig genau dort. Will man genau darin besser werden, dann passt das Angebot. Wenn CX Managerinnen und Manager als Multitalent – wie oben beschrieben – erfolgreich sein wollen, dann gibt es andere Anforderungen an die Anbieter. Wichtig ist es dann zu schauen, ob es bei dem Anbieter einen holistischen Überblick in Form eines Frameworks oder Ähnlichem gibt. Und ob die Inhalte der Weiterbildung einigermaßen gleichberechtigt darauf eingehen. Ein Blick auf die Referierenden lohnt sich ebenfalls: Je nach dem eigenen Lernstil sind CX Managerinnen und Manager unterschiedlich gut bei Beratungen, Praxiserfahrenen oder Lehrkräften von Trainingsinstituten oder Universitäten aufgehoben. Ich empfehle immer eine Melange aus diesen Lehrenden, denn unterschiedliche Blickwinkel sind hilfreich, dass komplexe Thema erfolgreich zu durchdringen.
Peter Pirner: Es gibt ja eine Reihe von Techniken, die speziell mit dem Thema CX Managament populär geworden sind. Personas, Customer Journeys, User Stories, um nur ein paar zu nennen.
Im echten Leben braucht es dann aber oft Instrumente, die schon längst im Change Management, in der Prozessoptimierung, im Design von IT Architektur, Projektmanagement oder dem weiten Feld von Insights und Analytics existieren.
Deshalb braucht es auch nicht immer ein besonderes CX Label in der Weiterbildung. Man muss nur das Werkzeug verfügbar haben, wenn man es braucht.
In welchen Bereichen arbeiten Customer Experience Manager/innen?
Matias M. Musmacher: Die Marktbefragungen sowie die Einsichten, die wir in Beratungsprojekten gewinnen, zeigen die kundennahen Bereiche wie Marketing, Vertrieb oder Kundenservice auf der einen Seite. Auf der anderen Seite sind es Unternehmensstrategie oder auch der CDO-Bereich, aus denen Customer Experience als neue Disziplin getrieben wird.
Peter Pirner: Eine besondere Herausforderung für CX Manager ist, dass sie in der Regel horizontal zu den Unternehmensstrukturen arbeiten müssen. Nicht immer gibt es bereits eine Tradition der Matrixorganisation. Und dann kommt es sehr auf das Führungsverständnis des Vorgesetzten an, ob man im Silo Marketing, Vertrieb oder Service hängen bleibt oder richtig wirken kann. Das sieht man meist nicht gleich im Organigramm.
Wo liegen die Gehälter in dem Beruf?
Peter Pirner: Die Verteilung der Gehälter ist recht unterschiedlich. In einer weltweiten Studie The 2022 State of CX Report hat GetFeedback herausgefunden, dass die meisten (nämlich 28 Prozent) der Befragten zwischen 40.000 $ und 59.000 $ verdienen, wobei immer 14 Prozent über 100.000 $ als Gehalt bekommen. Dabei muss man berücksichtigen, dass CX Management in den angelsächsischen Ländern eine längere Tradition hat und die Rollen durchaus auch auf Board Level in Form eines CCO und CXO vorkommen. Laut Gartner existiert dies Position bereits in fast 95 Prozent der US Unternehmen. Dann liegen die Gehälter noch mal darüber.
Matias M. Musmacher: Für den DACH-Raum haben wir 2020 eine Umfrage zusammen mit dem Institut für Customer Experience Management durchgeführt.
Die Ergebnisse zeichnen ein ähnliches Bild, das Gehaltsband zwischen 40.000€ und 59.000€ war mit 38 Prozent führend, allerdings dicht gefolgt von dem Gehaltsband zwischen 60.000€ und 79.000€, dem 35 Prozent der Befragten lagen.
Interessant finde ich persönlich die von GetFeedback aufgezeigte Korrelation zwischen Zufriedenheit der Befragten mit Ihrem Gehalt und dem wahrgenommenem Return on Investment (RoI) des Customer Experience Programms.
Wo finde ich gute Jobs als Customer Experience Manager/in?
Peter Pirner: Mittlerweile werden ja CX Stellen auch unter dieser Bezeichnung ausgeschrieben. Deshalb lohnt immer der erste Blick auf die einschlägigen Stellenbörsen. Da wird man sicher gerade für Einstiegsstellen fündig. Nicht zu unterschätzen ist auch die eigene Präsenz auf LinkedIn. Headhunter und HR Abteilungen suchen hier regelmäßig nach Experten, gerade für die senioreren Stellen.
Und es lohnt sich wie immer im Leben, sein persönliches Netzwerk gut zu pflegen, die Augen und Ohren offen zu halten und durchaus auch mal selbst initiativ zu werden.
Welche Bücher können Sie für den Einstieg empfehlen?
Matias M. Musmacher: Einen guten Einstieg um den Perspektivwechsel von „Inside Out“ zu „Outside In“ zu bewältigen bietet, „Outside In: The Power of Putting Customers at the Center of Your Business“ von Bodine / Manning / Bernoff. Um den Closed Loop für Verbesserungen zu verstehen, ist für mich „The Best Service is No Service: How to Liberate Your Customers from Customer Service, Keep Them Happy, and Control Costs” von Price / Jaffe – ein Klassiker für CX Managerinnen und CX Manager sowie Customer Service Verantwortliche.
Peter Pirner: Mir gefällt aktuell und immer noch sehr gut „This is Service Design Doing“ von Stickdorn, Horness et al. , „Die Kunst der Kundenbeziehung“ von Nils Hafner und „The Power of Moments“ von Chip und Dan Heath.