Kolumne von Adrian Swinscoe, CX-Punk Warum Marketingvorstände ein halbes Prozent ihres Budgets in Customer-Service-Teams investieren sollten

Marketingvorstände verfügen in der Regel über eines der größten Budgets im Unternehmen. Läge es da nicht nahe, wenn CMOs – ähnlich wie interne Kapitalgeber – einen Teil ihres Budgets in Initiativen zur Verbesserung des Customer-Service einsetzen? Adrian Swinscoe plädiert in seiner neuesten Kolumne für ein grundsätzliches Umdenken im Marketing.

Sollten Marketingvorstände nicht daran interessiert sein, dass Serviceerlebnisse für Kunden besonders gut laufen? (Bild: picture alliance/EPA-EFE | TANNEN MAURY)

Cost- oder Value Center - Wie wird Customer Service bei Ihnen betrachtet?

Im Februar 2022 veröffentlichte Accenture eine Studie mit dem Titel: End-to-Endless Customer Service.

Darin wurden 2.030 Führungskräfte im Bereich Service, 13.327 B2C-Kunden und 3.248 B2B-Kunden in 133 Ländern und 14 verschiedenen Branchen befragt. Die Studie sollte Aufschluss darüber geben, wie Unternehmen den Kundenservice sehen und wie viele von ihnen die Erbringung von Serviceleistungen als Chance nutzen, um sowohl für Kunden als auch für das Unternehmen Werte zu schaffen.

Das wichtigste Ergebnis der Studie war, dass jedes fünfte befragte Unternehmen Service inzwischen als Value Center betrachtet.

Die Unternehmen, die das bereits tun, verzeichnen mehr als das dreifache Umsatzwachstum im Unterschied zu Unternehmen, für die der Service noch immer ein Cost Center darstellt.

Dieser Schritt ginge mit einem Bewusstseinswandel in Bezug auf den Kundenservice einher, so die Studie weiter. Also, von der Betrachtung als Problemlösungsfunktion und Kostenstelle kommend, hin zur Betrachtung als Wertschöpfungsfunktion, die für die Bereitstellung unvergesslicher Kundenerlebnisse mitverantwortlich zeichnet.

Unvergessliche Kundenerlebnisse statt noch mehr Werbung

Dieser „mindset shift“ wird unterstützt durch größere Investitionen in den Customer Service, wobei die am schnellsten wachsenden Unternehmen berichten, dass sie im Durchschnitt mehr als 0,5 Prozent ihres Umsatzes für Customer Service ausgeben. Zur Einordnung: Laut einer Gartner-Studie aus dem Jahre 2020 verfügen Marketingvorstände durchschnittlich über ein Budget, dass etwa elf Prozent des Gesamtumsatzes entspricht. In einem Unternehmen mit einem Umsatz von 100 Millionen USD würde dies also einem zusätzlichen jährlichen Budget von 500.000 USD für den Customer Service entsprechen.

Solche Ergebnisse werden in der Customer-Service-Welt mit offenen Armen empfangen. Seit Jahren wird dafür plädiert, dass Customer-Service, Hilfe und Support nicht länger als Kosten betrachtet werden sollten. Stattdessen sollte Ausgaben dafür als wertschöpfender Teil eines jeden Unternehmens betrachtet werden und – wenn der Customer Service gut gemacht ist – eine wichtige Rolle bei der Entwicklung starker und gesunder Kundenbeziehungen spielen.

Trotz dieser Forschungsergebnisse dürfte die Realität für viele Kundendienstmitarbeiter noch immer darin bestehen, dass Argumente für eine Budgeterhöhung wahrscheinlich auf heftigen Widerstand stoßen, insbesondere seitens des Finanzvorstands.

Marketingvorstände als VC's, die in Customer Service investieren

Stattdessen würde ich mir folgendes wünschen: Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass die meisten CMOs im Allgemeinen über eines der größten Budgets in einem Unternehmen verfügen.

Angesichts dessen würde ich mir wünschen, dass immer mehr Marketingvorstände einen Teil ihres Budgets, etwa 0,5 % des Gesamtumsatzes, in Customer-Service investieren.

Damit sollte laut Accenture in folgende Maßnahmen investiert werden:

  1.  Stärkung des Vertrauens durch ein höheres Maß an proaktivem und vorausschauendem Service,
  2.  Steigerung der Nutzung durch stärker personalisierte und kontextbezogene Unterstützung, damit die Kunden den größten Nutzen aus ihren Einkäufen ziehen können, und
  3.  mehr Möglichkeiten durch das Sammeln und Nutzen von Erkenntnissen für den Produkt- und Service-Innovationsprozess.

Dass Marketingvorstände in den Customer Service investieren, liegt nahe. Die fortschrittlichsten CMOs betrachten das Contact Center bereits als zentralen Hub für Engagement und Kundenbindung und investieren einen Teil ihres Budgets in die Verbesserung des Kundendiensts. Davon würde ich persönlich gerne noch viel mehr sehen.

Ich würde mir sogar wünschen, dass CMOs darüber hinaus gehen und die Art und Weise ändern, wie sie ihre Budgets einsetzen, so dass sie in ähnlicher Weise wie interne Kapitalgeber Projekte finanzieren.

Insbesondere Projekte in den Bereichen Verständnis, Service und Engagement, die dazu beitragen, die Experience der Kunden wie auch der beteiligten Mitarbeitenden zu verbessern. Mitarbeitende in Contact Centern fordern seit langem mehr Mittel, Unterstützung und Hilfe ein.

Vielleicht könnte das auch ein Weg sein, um funktionsübergreifende Zusammenarbeit zu fördern und das Silodenken aufzubrechen, das noch immer vielen Initiativen zur Verbesserung der Kundenbindung im Wege steht.

Dieser Beitrag wurde im Original bei Forbes veröffentlicht.

 

Über die Person

Adrian Swinscoe, der als CX-Vordenker und Visionär beschrieben wird, ist ein Bestseller-Autor, Forbes-Mitarbeiter, Redner, Investor, Berater und aufstrebender CX-Punk. Er veröffentlichte 2016 das Bestseller-Buch "How to Wow: 68 Effortless Ways to Make Every Customer Experience Amazing (Pearson)" sowie ein Genre sprengendes Buch "Punk CX" in 2019 und hat gerade ein spannendes Nachfolgewerk veröffentlicht. Seit mehr als 25 Jahren unterstützt er Unternehmen dabei, kundenorientiert zu wachsen.

Diskutieren Sie mit!     

  1. johannes Kirsch am 09.06.2023
    das entspricht meiner Erfahrung. Leider ist allerdings in allen Unternehmen, für die ich gearbeitet habe, das "Silo" Marketing nicht zuständig für den Kundendialog. Der ist meinst ausgelagert an "Callcenter-Dienstleister" und soll jedes Jahr weniger kosten. Dort gibt es deshalb in erster Linie Programme mit dem Namen "Callvermeidung" und Reduzierung der Dialogzeit ("AHT")

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