Institutsleiter: Branchenimage ist der Schlüssel zum Befragten
Sorgen um Imageverschlechterung, Hoffnung auf die Initiative Markt- und Sozialforschung
Köln - Für die tägliche Arbeit des Marktforschers ist die Wahrnehmung der Branche in der Öffentlichkeit in vielerlei Hinsicht von Bedeutung. Das Image der Marktforschung spielt bezüglich der Teilnahmebereitschaft an Interviews ebenso eine große Rolle wie auch für die Gewinnung von neuen Kunden. Dies ist das Ergebnis der aktuellen Erhebung zum Stimmungsbarometer in der Marktforschung, die marktforschung.de in Zusammenarbeit mit dem Feldinstitut webfrager GmbH bei Entscheidungsträgern deutscher Marktforschungsdienstleister durchgeführt hat.
Öffentliches Image der Marktforschungsbranche wird weitgehend neutral eingeschätzt
Die Wahrnehmung der Marktforschungsbranche in der Öffentlichkeit wird derzeit von fast zwei Drittel der Befragten als neutral eingestuft. Aber fast 22 Prozent gehen von einer eher negativen Einschätzung aus. Nur gut 12 Prozent der Befragten gaben an, dass die Marktforschung ihrer Ansicht nach überwiegend positiv wahrgenommen wird.

Ein etwas anderes Bild zeichnet sich bei der Frage ab, ob sich das Image der Branche künftig eher verbessern oder eher verschlechtern wird. Insbesondere die derzeitige Vermischung von Werbung und Marktforschung in der Wahrnehmung der Bevölkerung begründet die Sorgen der Institutsleiter. Zwar gehen nahezu 60 Prozent der Befragten davon aus, dass sich das Image nicht verändert, fast ein Drittel rechnet jedoch mit einer Verschlechterung.

Positives Image für die Teilnahmebereitschaft an Befragungen unabdingbar
Aus Sicht der Institusleiter hängt die Teilnahmebereitschaft der Bevölkerung an Marktforschungsprojekten entscheidend vom Image der Branche ab. So bezeichnen weit über 90 Prozent das Branchenimage hierfür als "eher wichtig". Auch für die Gewinnung und Bindung von Kunden ist eine positive öffentliche Wahrnehmung aus Sicht der Marktforscher relevant. Rund zwei Drittel beurteilten diesen Aspekt als bedeutsam. Mehr als die Hälfte der Befragten bezeichnen das Image auch für die Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern sowie für die Bereitstellung von Informationen für Politik, Medien und Wirtschaft als "eher wichtig". Eine untergeordnete Rolle spielt das Image hingegen für die Gewinnung von Kapitalgebern.

Die jüngst von den Verbänden der deutschen Markt- und Sozialforschung beschlossene Rufnummeranzeige bei im Rahmen von Marktforschungsprojekten angerufenen Personen zeigt, dass die Branche daran arbeitet, die so wichtige Teilnahmebereitschaft an Befragungen aufrechtzuerhalten. Durch die ab Mitte des Jahres geltende neue Vorschrift, die im Rahmen der Selbstregulierung der Branche formuliert wurde, soll es angerufenen Personen möglich gemacht werden, Kontakt zu dem befragenden Institut aufzunehmen. Damit wird den Forschungseinrichtungen die Möglichkeit gegeben, kritischen Bürgern den Unterschied zwischen Direktmarketing und Marktforschung zu erläutern.
"BigBrotherAward" ohne negative Folgen
Obwohl die Verleihung des Negativ-Preises "BigBrotherAward" an die deutschen Marktforschungsverbände im Oktober vergangenen Jahres innerhalb der Branche einige Wellen schlug, wurde das Tagesgeschäft davon offenbar nicht nachhaltig beeinflusst. So gaben fast 90 Prozent der Befragten an, hierauf von Kundenseite keinerlei Reaktionen erhalten zu haben. Hier mag das schnelle Eingreifen der Verbände hilfreich gewesen sein.
Die wenigen Reaktionen, die die Institute dennoch erreichten, gingen vom neutralen Gespräch bis hin zu abnehmender Teilnahmebereitschaft an Interviews und der Reklamation von Datenschutzmängeln.

Datenschutz: Schärfere Kontrolle für "schwarze Schafe" gefordert
Die Mehrheit der Befragten äußert sich zufrieden mit den derzeitigen Datenschutzbestimmungen. Ein Drittel plädiert für eine Verschärfung der Vorschriften, nur knapp fünf Prozent befürwortet eine Lockerung. Die Ergebnisse zeigen also, dass die Branche die Datenschutzbefürchtungen der Öffentlichkeit sehr ernst nimmt.

Die Begründungen für die jeweilige Position sind vielfältig: Bei denjenigen, die keine Veränderungen der Datenschutzbestimmungen für sinnvoll halten, heißt es mehrheitlich, die derzeitigen Regelungen seien ausreichend, sofern sie eingehalten und entsprechend umgesetzt würden. Probleme werden hier eher in einer überzogenen oder falschen öffentlichen Darstellung der Datenschutzproblematik gesehen sowie in der in Einzelfällen großzügigen Auslegung der Gesetze.
Die Befürworter einer strengeren Regelung benennen zur Begründung in erster Linie den Schutz der Befragungsteilnehmer. Hier geht die Mehrheit der Befragten davon aus, dass eine Verschärfung des Datenschutzes ein geeignetes Mittel sein könnte, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken und so die Teilnahmebereitschaft an Marktforschungsprojekten zu erhöhen. Auch heißt es, auf diese Weise wäre die Kontrolle "schwarzer Schafe" besser möglich, von denen sich die Marktforschung damit gleichzeitig deutlicher distanzieren könne. Als besonders wichtig wird auch die derzeitige Selbstregulierung der Branche bezeichnet, da "die Forschungsmöglichkeiten [sonst] von dritter Seite eingeschränkt werden".
Die Befragungsteilnehmer, die eine Lockerung der Bestimmungen befürworten, betrachten die Gesetzgebung als Überregulierung sowie als Beschränkung hinsichtlich der Methodenauswahl bei Marktforschungsprojekten.
Viel Zustimmung für die Initiative Markt- und Sozialforschung
Die 2007 von den Marktforschungsverbänden gegründete Initiative Markt- und Sozialforschung hat sich zum Ziel gesetzt, das Image der Marktforschungsbranche in der Öffentlichkeit zu stärken. Wer die Initiative Markt- und Sozialforschung kennt, beurteilt sie mehrheitlich auch positiv. Kritiker der Initiative gibt es in den Instituten kaum. Knapp 30 Prozent war die Initiative zum Befragungszeitpunkt allerdings noch nicht bekannt, und ein Viertel hat lediglich eine neutrale Haltung. Neben der geplanten Arbeit der Initiative für das Image der Branche in der Öffentlichkeit zeigt sich auch Informationsbedarf für die Tätigkeit der Initiative innerhalb der Branche.

Von der Initiative Markt- und Sozialforschung versprechen sich die Befragten in erster Linie eine Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung der Marktforschung. Damit einher geht der Wunsch, dass dadurch auf Seiten potentieller Zielpersonen Vorbehalte hinsichtlich der Teilnahme an Umfragen abgebaut werden. Erwartet wird ebenfalls eine klare Abgrenzung der Marktforschung zu Direktmarketing und Telefonverkauf. Andere Institutsleiter erwarten, dass der Bevölkerung der volkswirtschaftliche Nutzen der Marktforschung erläutert wird. Hierbei sollte aus Sicht der Befragten auch deutlich gemacht werden, wie Befragungen unter Verbrauchern zur Optimierung von Produkten und Angeboten beitragen können. Die Initiative soll "der Öffentlichkeit vermitteln, dass ein modernes Wirtschaftssystem ohne Marktforschung nicht funktioniert, dass eine moderne Demokratie ohne Sozialforschung unmöglich ist. Beides sollte zur Imageverbesserung beitragen."
Zur Umfrage:
Für das "Stimmungsbarometer in der Marktforschung" werden Vorstände und Geschäftsführer der Marktforschungs- und Feldinstitute von der webfrager GmbH in Kooperation mit marktforschung.de regelmäßig zur konjunkturellen Situation sowie weiteren branchenrelevanten Themen befragt.
Die webfrager GmbH ist ein im Jahr 2001 gegründetes Feldinstitut mit Sitz in Bochum, das verschiedene Dienstleistungen im Bereich der Online-Marktforschung anbietet. Zu dem Produktportfolio gehören unter anderem ein eigenes Consumer- und ein IT-Panel in Deutschland. Darüber hinaus programmiert und hostet Webfrager Mitarbeiter- und Kundenbefragungen.
Methodensteckbrief:
- Methode: Online-Befragung
- Durchführung: webfrager GmbH
- Befragungszeitraum: 26.11. - 4.12.2008
- Stichprobe: 460 Geschäftsführer oder Vorstände deutscher Marktforschungs- und Feldforschungsinstitute
- Rücklaufquote: 32,4 % (149 Institute)
- Turnus: quartalsweise