Einkommensstarke Personen lehnen Bürgerversicherung ab
concept m zu Parteien und Gesundheitspolitik
Ein umfangreicheres Leistungsspektrum, kürzere Wartezeiten und gegebenenfalls geringere Beiträge im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung: von den Vorteilen einer privaten Krankenversicherung profitieren vor allem gesunde und einkommensstarke Personen. Aber welche Partei wählt diese Zielgruppe eigentlich? concept m hat genau das nun untersucht.

Nach dem Scheitern der Jamaika-Koalition verhandeln nun Union und SPD über die politische Zukunft Deutschlands. Neben der Asyl-und Migrationspolitik stellt auch die von den Sozialdemokraten geforderte Bürgerversicherung ein Streitthema dar. Die SPD fordert die Abschaffung des dualen Gesundheitssystems, um die Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland zu beenden.
SPD-Wähler klagen über schlechten Gesundheitszustand
Das Marktforschungsinstitut concept m hat die Bürger nun zu ihrer Parteipräferenz sowie zur Selbsteinschätzung des Gesundheitszustandes befragt. Auffällig ist, dass Personen mit einem schlechteren Gesundheitszustand ("schlecht", "weniger gut", „zufriedenstellend“) im Vergleich zu Personen mit einer guten subjektiven Gesundheitseinschätzung ("sehr gut", "gut") tendenziell eher SPD, Grüne oder Linke wählen. Der Studie zufolge wählen beispielsweise 20 Prozent derjenigen mit schlechtem Gesundheitszustand die SPD, im Gegensatz dazu nur 17 Prozent mit guter Gesundheit. Darüber hinaus sticht hervor, dass jeweils mehr als die Hälfte der Wähler von SPD, Grüne und Linke angeben über einen schlechten Gesundheitszustand zu verfügen. Diese Parteien befürworten den Wechsel hin zur solidarischen Bürgerversicherung. Union, FDP und AfD wollen das bisherige duale System der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung beibehalten. Wähler dieser Parteien sind vermehrt Personen, die angeben, über einen guten Gesundheitszustand zu verfügen und damit Personen, für die sich tendenziell eine private Krankenversicherung am ehesten lohnt.

Gesundheit folgt sozialen Gradienten
Die Studie zeigt: Je niedriger der sozioökonomische Status, desto schlechter ist der Gesundheitszustand. Betrachtet man diese Beziehung bezüglich der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, zeigt sich ein signifikanter Zusammenhang: Mit sinkendem Einkommen (monatliches Haushaltsnettoeinkommen) wird der Anteil derjenigen, die ihre Gesundheit als weniger gut einstufen, immer größer. Da Einkommen den Zugang zu verschiedenen materiellen Ressourcen ermöglicht, kann ein niedriges Einkommen eine Vielzahl an allgemeinen Lebens-, Wohn- oder Arbeitsbedingungen negativ beeinflussen (zum Beispiel schlechte Arbeitsbedingungen, billige und ungesunde Nahrungsmittel, beschränkter Zugang zum Gesundheitssystem), welche wiederum die Gesundheit gefährden können. Umgekehrt bedeutet dies, dass Personen mit hohem Einkommen mehr Möglichkeiten haben, ihre Gesundheit positiv zu beeinflussen. Für die Aufnahme in die private Krankenversicherung sind beide Punkte relevant. Eine gute Gesundheit sorgt für niedrigere Beiträge und ein hohes Einkommen stellt (zumindest für Angestellte) ein formales Kriterium für die Aufnahme in die private Krankenversicherung dar.

Einkommensstarke Personen tendieren zu FDP und CDU
Demnach sollten einkommensstarke Personen eher zu Parteien tendieren, welche das bisherige Gesundheitssystem beibehalten wollen. Die Einkommen unterscheiden sich nach Parteipräferenz erwartungsgemäß deutlich. Mit einem durchschnittlichen monatlichen Nettoäquivalenzeinkommen (gewichtetes Einkommen nach Anzahl und Alter der Personen im Haushalt) von 1678 Euro liegt die Wählerschaft der FDP vorne, gefolgt von CDU/CSU mit 1561 Euro. Mit größerem Abstand folgen Grüne (1326 Euro), AfD (1319 Euro) und SPD (1293 Euro). Das Schlusslicht bilden Wähler der Linken mit einem Einkommen von 1115 Euro netto. Dabei zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen einerseits Wählern von Union und FDP sowie andererseits Wählern von SPD und Linke. Nicht-Wähler haben vergleichsweise das geringste Einkommen.

Parteien bedienen in Sachen Gesundheitssystem ihr Wählerklientel
Die Parteien bedienen bei der Frage nach dem Gesundheitssystem also tatsächlich ihr Wählerklientel: Für Union und FDP ist die Beibehaltung des bisherigen Gesundheitssystems vor dem Hintergrund ihrer tendenziell gesünderen und einkommensstärkeren Wählerschaft absolut konsequent. Hingegen könnten die Wähler von SPD und Linken von einer solidarischeren Bürgerversicherung vermutlich mehr profitieren als vom jetzigen System.Zusammenfassend soll der Staat über alle Krisen hinweg Versorgungssicherheit vermitteln. Ob sich die SPD bei den kommenden Verhandlungen bei diesem Thema durchsetzen kann, ist allerdings mehr als fraglich. Die nächsten Wochen werden es zeigen.
Zur Studie: concept m befragte in einer deutschlandweiten Umfrage mit dem Panelanbieter SSI im September 2017 1.000 Bürger unter anderem zu ihrer Parteipräferenz sowie zur Selbsteinschätzung des Gesundheitszustandes.
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